Innere Sicherheit
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PSB Seite 327<br />
jungen Spätaussiedler zurück, und innerhalb dieser Gruppe wiederum besonders auf diejenigen jungen<br />
männlichen Personen, die aus der ehemaligen Sowjetunion kamen. 1028<br />
Dass es die jungen und darin eingeschlossen gerade auch die in jüngerer Zeit nach Deutschland gekommenen<br />
Spätaussiedler sein dürften, welche die relativ höchsten Auffälligkeitsraten demonstrieren, lässt<br />
sich auch anhand einer Querschnittsanalyse für das Jahr 1998 in Bayern anschaulich zeigen. Aus den<br />
Berechnungen der Kriminologischen Forschungsgruppe der Bayerischen Polizei (s. o.) kann man die<br />
Belastungszahlen für die männlichen Tatverdächtigen nach Altersgruppen getrennt entnehmen. 1029 Danach<br />
sind die jungen Aussiedler in den im Jahr 1998 näher untersuchten fünf bayerischen Regionen vergleichsweise<br />
zu den jungen einheimischen Deutschen desto stärker polizeilich als Tatverdächtige registriert<br />
worden, je jünger sie waren. Bei den 10 bis 13-jährigen Kindern waren rund 11% gegenüber gut 3%<br />
der Altersgruppe auffällig; bei den 14 bis 17-jährigen Jugendlichen zeigten sich Werte von knapp 19%<br />
gegenüber knapp 14%; bei den 18 bis 20-jährigen Heranwachsenden engte sich der Unterschied mit rund<br />
19% gegenüber rund 16% auf 3% der Altersgruppe ein, um schließlich bei den Jungerwachsenen zwischen<br />
21 und 24 Jahren fast ganz zu verschwinden (11,5% gegenüber 11,2%).<br />
Eine besonders starke Belastung gerade der Jugendlichen und jungen Männer drückt sich demgegenüber<br />
in den Zahlen der Insassen des Jugendstrafvollzugs aus. Eine Umfrage des KFN im Sommer 1998 bei den<br />
26 Jugendstrafanstalten der Länder erbrachte (bei einem Rücklauf von 19 Antworten) einen Durchschnittsanteil<br />
der jungen Spätaussiedler unter den Insassen von 8,8% (bei einer Schwankung von rund 4%<br />
bis zu 14%). 1030 In der Justizvollzugsanstalt Adelsheim wurden detaillierte Verlaufserhebungen durchgeführt.<br />
Danach stieg dort der Anteil der jungen Spätaussiedler unter den männlichen jungen Gefangenen<br />
von 0,5% im Jahr 1989 auf rund 7% im Jahr 1998 bei der üblichen Stichtagszählung. Bei der Zählung<br />
nach Zugängen zur Strafverbüßung jeweils im gesamten Jahr wird die Dynamik noch deutlicher, vor<br />
allem seit 1996. 1031 Der oben erwähnte Befragungsbefund bei Schülern, dass junge Aussiedler bei Alkohol<br />
und Drogen weniger anfällig sind als junge Einheimische, findet einen deutlichen Kontrastbefund,<br />
sozusagen ebenfalls am schweren Ende der Skala, in dem Hinweis des Landeskriminalamtes Baden-<br />
Württemberg, dass unter den im Berichtsjahr 1999 registrierten 245 männlichen Drogentoten 39 Spätaussiedler<br />
waren, mit einem Durchschnittsalter von 24 Jahren, d. h. einem um rund fünf Jahre geringeren<br />
Altersschnitt im Vergleich zu den anderen Drogentoten. 1032<br />
2.11.2.3 Problemanalyse und Ausblick<br />
Insgesamt deuten die Befunde darauf hin, dass die Integration der Spätaussiedler, jedenfalls soweit sie<br />
sich auf strafrechtlich relevante Verhaltensweisen bezieht, von Anfang an desto besser gelingt, je älter die<br />
Betroffenen bei der Zuwanderung nach Deutschland sind, und dass die Mädchen und Frauen ansonsten<br />
günstiger abschneiden als die Jungen und Männer 1033 , sowie schließlich, dass Schüler weniger auffallen<br />
als andere Gleichaltrige. Dies passt sich gut in kriminologische und andere human- und sozialwissenschaftliche<br />
Ansätze ein, die schon früher für das Verstehen der spezifischen Lagen von Minoritäten entwickelt<br />
wurden. 1034<br />
In der kriminologischen Diskussion zur Belastung von Zuwanderern und anderen Minderheiten ist im<br />
Kern seit langem unbestritten, dass sich gerade die junge Generation typischerweise in einer besonders<br />
kritischen Lage befindet. Während die (vor allem älteren) Erwachsenen regelmäßig wenigstens durch die<br />
ursprüngliche Verankerung in ihrer Herkunftskultur eine stabile Grundlage für Identität und Lebensein-<br />
1028 Vgl. GRUNDIES, V., 2000.<br />
1029 Vgl. LUFF, J., 2000, S. 86.<br />
1030 Vgl. PFEIFFER, C. und B. DWORSCHAK, 1999.<br />
1031 Vgl. GRÜBL, G. und J. WALTER, 2000; WALTER, J., 2000a, S. 81 ff.<br />
1032 LANDESKRIMINALAMT BADEN-WÜRTTEMBERG (Hg.), 2000, S. 59.<br />
1033 Vgl. speziell zur Integration von Kindern RAKHKOCHINE, A., 1997, S. 10 ff.<br />
1034 Vgl. etwa KUBINK, M., 1993.