Innere Sicherheit
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Seite 254<br />
PSB<br />
Bei den gewerblichen bzw. geschäftsähnlichen Strukturen zeichnet sich ein breites Spektrum der Tarnung<br />
illegaler Geschäfte ab. Es kann grob unterschieden werden zwischen Fällen, in denen die Täter solche<br />
Strukturen eigens für kriminelle Zwecke (neu) errichten, sich bereits vorhandener, vorher legal genutzter<br />
Strukturen bedienen oder aber gewerbliche Strukturen nur dazu nutzen, eine legale Einkommensquelle<br />
vorzutäuschen, z. B. gegenüber den Strafverfolgungs- oder Fiskalbehörden, ohne dass tatsächlich eine<br />
Verflechtung zwischen legaler und illegaler Tätigkeit vorliegt.<br />
Bezüglich Einschüchterung und Gewalt dominierte die Betonung der Gewaltbereitschaft, beispielsweise<br />
durch ständiges Tragen einer Schusswaffe; danach kamen einfache und schwere Körperverletzungen, am<br />
Ende die konkrete Ankündigung, von der Schusswaffe Gebrauch zu machen, oder in seltenen Fällen auch<br />
vollendete Tötungsdelikte. Diejenigen dominanten Tatverdächtigen und insbesondere Führungspersonen,<br />
die sich eine "Gewaltreputation" gesichert hatten, konnten ihre Ziele fast regelmäßig ohne konkrete Gewaltanwendung<br />
erreichen, sich also beispielsweise echte oder auch nur vermeintliche Kontrahenten gefügig<br />
machen.<br />
Die "Einflussnahmen" waren überwiegend subtiler Art und bauten auf (ggf. gezielt angebahnten) persönlichen<br />
Kontakten im Geschäftsleben, im Freizeitbereich oder auch im Nachbarschaftsleben auf. 842 Strafrechtlich<br />
relevante Korruptionshandlungen ließen sich selten aufdecken: In 15 der OK-Verfahren konnten<br />
insgesamt zwei Fälle der Vorteilsgewährung, 172 Bestechungsdelikte, 30 Fälle der Vorteilsannahme und<br />
207 Fälle von Bestechlichkeit herausgearbeitet werden. 843<br />
2.9.6 Überwachung und Verfolgung der Organisierten Kriminalität in Deutschland<br />
sowie grenzüberschreitende Koordination und Kooperation in Europa<br />
Im Jahr 1999 waren insgesamt 2743 Ermittlungsbeamte (d. h. im Schnitt 3,4 Beamte in einem Ermittlungsverfahren)<br />
zur Bekämpfung Organisierter Kriminalität eingesetzt. Die Zahlen steigen seit Einführung<br />
der Lagedarstellung OK kontinuierlich. Die Ermittlungen begannen in rund 4% auf Grund eines<br />
anonymen Hinweises, in rund 29% auf Grund einer Anzeige an die Behörden; bei 40% bildeten bereits<br />
anderweitig vorhandene polizeiliche Erkenntnisse den Anlass der Ermittlungen. In kriminologischer Perspektive<br />
waren also insgesamt 73% der Verfahren reaktiv in Gang gekommen. Die rund 27% pro-aktiven<br />
Ermittlungen verteilten sich auf spezifische Vorgangs- und Verfahrensauswertungen, auf Vorfeldermittlungen<br />
und auf die aktive Beschaffung von Feld-Informationen durch den Einsatz von Informanten oder<br />
Vertrauenspersonen. Rund 33% der 7.777 Tatverdächtigen wurden im Laufe der Ermittlungen festgenommen,<br />
gegen rund 26% erließen die Ermittlungsrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl.<br />
Über den weiteren Verlauf der Verfahren bei der Justiz und den endgültigen "Ertrag" im Vergleich<br />
von Einstellungen des Verfahrens gegenüber Anklagen, sodann im Vergleich von Einstellungen,<br />
Freisprüchen und Verurteilungen durch die Gerichte, und schließlich mit Blick auf die Strafen, ist auf<br />
Bundesebene nichts bekannt. 844<br />
Seit Beginn der Lageerhebungen ist ein stetiger Anstieg der Dauer der Ermittlungsverfahren festzustellen.<br />
Insbesondere aus dem Umstand, dass bei einer Teilbetrachtung diejenigen Verfahren, die auf zeitintensive<br />
und aufwändige Strukturermittlungen ausgerichtet sind, die relativ längsten Ermittlungszeiten zu verzeichnen<br />
haben, lässt sich schließen, dass es den Strafverfolgungsbehörden, wie oben bereits erwähnt,<br />
842 Besonders strittig ist immer wieder das Ausmaß von Schutzgelderpressungen, insbesondere im Gastgewerbe. Zu den Einschätzungen,<br />
die sehr stark divergieren, und zu den Problemen einer speziellen empirischen Studie unter ausländischen Gastwirten<br />
vgl. OHLEMACHER, T., 1998 und 2000 (hier insbesondere S. 202 ff.).<br />
843 Zu Korruption siehe auch den Abschnitt 2.5 dieses Berichtes. Ein internationaler Überblick über die Korruptionsanfälligkeit<br />
verschiedener Staaten bzw. Gesellschaften gibt zuletzt KILLIAS, M. und D. RIBEAUD, 1999. Zu Einschätzungen bezüglich der<br />
relativen Bedeutung Organisierter Kriminalität in diesem Bereich in Deutschland bei Behörden vgl. besonders MISCHKOWITZ, R.<br />
u. a., 2000, insbesondere S. 359 ff.<br />
844 Auf Landesebene findet man entsprechende Informationen, allerdings nicht immer in engem datenmäßigen Bezug zwischen<br />
polizeilichem und justiziellem Teil, in den so bezeichneten "Gemeinsamen Lagebildern" (s.o. FN 53).