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Innere Sicherheit

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PSB Seite 89<br />

Devianz, wie z. B. der Frage, ob Sexualstraftäter in ihrer Kindheit selbst Opfer sexueller Gewalt waren. 288<br />

Es handelt sich um Studien, die zur Analyse der quantitativen Verbreitung sexuellen Kindesmissbrauchs<br />

in Täterperspektive nicht geeignet sind, da diese Gruppe nur einen recht kleinen und vermutlich in Relation<br />

zur Grundgesamtheit aller Täter verzerrten Ausschnitt repräsentiert. Interessant sind jedoch die Befunde<br />

zur Deliktshäufung. So wurde in den USA festgestellt, dass inhaftierte Sexualstraftäter zwei- bis<br />

fünfmal mehr Sexualdelikte begangen hatten, als von ihnen polizeibekannt waren. 289<br />

Weiter liegen für die Bundesrepublik Deutschland eine Reihe von Rückfallstudien vor. 290 Diese Untersuchungen<br />

haben allerdings mit dem Problem zu kämpfen, dass angesichts einer niedrigen Anzeigequote<br />

die Operationalisierung von Rückfälligkeit als einschlägige strafrechtliche Neuverurteilung die Dunkelfelddelikte<br />

vollständig ausblendet und von daher mit dem Risiko einer Fehlschätzung verbunden ist.<br />

Täterbefragungen zu selbstberichteter Delinquenz außerhalb der institutionell registrierten Fälle wiederum,<br />

ansonsten eine gängige Form der Dunkelfeldforschung, liegen für Sexualdelikte nur wenige vor.<br />

Beispielsweise wurden in den USA Studenten zu selbst ausgeübten sexuellen Gewalthandlungen befragt<br />

291 oder aber zu der Wahrscheinlichkeit, unter bestimmten Bedingungen eine Vergewaltigung zu<br />

begehen. 292 Nach einer derartigen Studie an 582 amerikanischen Studenten gaben 3% dieser Stichprobe<br />

sexuelle Kontakte zu Kindern an, die als missbräuchlich klassifiziert wurden. 293<br />

Eine aktuelle Studie aus der Schweiz stellte auf der Basis einer Befragung von mehr als 21.000 Rekruten<br />

fest, dass etwa 14% der im Schnitt 20-Jährigen innerhalb der letzten 12 Monate nach eigenen Angaben<br />

einen sexuellen Übergriff (von exhibitionistischen Handlungen bis hin zu erzwungenem Geschlechtsverkehr)<br />

begangen hatten. Die Handlungen richteten sich mehrheitlich gegen Partnerinnen oder andere bekannte<br />

Frauen. Etwa 1% der Rekruten räumte jedoch ein, innerhalb der letzten 12 Monate ein Kind sexuell<br />

missbraucht zu haben. Insgesamt kommt die Schweizer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass Täter<br />

sexueller Übergriffe, die auch Gewalt oder Nötigungsmittel einsetzten, ein sehr kleine, gleichzeitig aber<br />

auch sehr aktive Gruppe darstellen, die vermutlich für einen überproportional großen Anteil sexueller<br />

Gewaltdelikte verantwortlich sind. Unter ihnen findet sich gleichzeitig ein hoher Anteil an Personen, die<br />

ihrerseits in der Kindheit schwere Traumatisierungserfahrungen, darunter auch sexuelle Übergriffe, erlebt<br />

haben. 294<br />

In der Bundesrepublik wurde ein in der Größenordnung ähnliches Ergebnis herausgefunden. 295 Aus einer<br />

Befragung von 111 Medizinstudenten des ersten Semesters berichtet DEEGENER, dass 3-5% sexuelle<br />

Phantasien im Hinblick auf Kinder hegten. 9% hatten nach eigenen Angaben einen Jungen sexuell belästigt<br />

und 8% erklärten, mehr als ein Kind sexuell belästigt zu haben. 296<br />

International wendet sich die Forschung in den letzten Jahren auch vermehrt dem Problem sexueller<br />

Delinquenz durch Kinder, Jugendliche und Heranwachsende zu. 297 DEEGENER verweist dazu auf interna-<br />

288<br />

Zum Überblick vgl. HANSON, R. K. und SLATER, 1988; SCHNEIDER, H. J., 1999a, 1999b; KRÖBER, H.-L. und K.-P. DAHLE,<br />

1998.<br />

289<br />

Vgl. GROTH, A. N., LONGO, R. E. und J. B. MCFADIN, 1982; WEINROTT, M. R. und M. SAYLOR, 1991.<br />

290<br />

Vgl. EGG, R., 1999a, 2000a; LÖSEL, F., 1999a.<br />

291<br />

Vgl. KOSS, M. P., LEONARD, K. E., BEEZLEY, D. A. und C. J. OROS, 1985; GAVEY, N., 1991.<br />

292<br />

Vgl. MALAMUTH, N. M., HABER, S. uns S. FESHBACH, 1980; MALAMUTH, N. M., 1981.<br />

293<br />

Vgl. FROMUTH, M. E., BURKHARDT, B. R. und W. JONES, 1991.<br />

294<br />

Vgl. HAAS, H. und M. KILLIAS, 2000.<br />

295<br />

Bei einer Befragung von 920 Jugendlichen zwischen 14 und 25 Jahren zu ihrem Delinquenzverhalten wurde festgestellt, dass<br />

1,2% nach eigenem Bekunden im letzten Jahr sexuelle Handlungen an einem Kind vorgenommen hatten. Es ist jedoch fraglich,<br />

ob die verwendete Frageformulierung - es wurde allgemein nach sexuellen Handlungen gefragt - nicht dazu geführt hat, dass<br />

auch einverständliche frühe sexuelle Erfahrungen hier von den Befragten angegeben wurden. Vgl. VILMOW, B. UND E. STEPHAN,<br />

1983.<br />

296<br />

DEEGENER, G., 2000, S. 203.<br />

297<br />

Vgl. dazu die umfangreiche Literaturzusammenstellung des OJJDP in den USA: Juvenile Sex Offender Research Bibliography,<br />

A Comprehensive Bibliograhy of Scholarly Research and Literature Relating to Juvenile Sex Offenders, http.//ojjdp.

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