Unipolare Depression Langfassung - Versorgungsleitlinien.de
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waren (z. B. mit schweren psychosozialen Beeinträchtigungen, psychotischer Symptomatik o<strong>de</strong>r<br />
Suizidalität), umso eher besteht die Indikation für eine Rezidivprophylaxe.<br />
Die Ziele <strong>de</strong>r Rezidivprophylaxe sind <strong>de</strong>r Schutz gegen weitere Rezidive sowie die Verhin<strong>de</strong>rung<br />
einer möglichen Zuspitzung <strong>de</strong>r Symptomatik (v. a. Suizidalität). Medikamentös kommen die bereits in<br />
<strong>de</strong>r Akuttherapie und Erhaltungstherapie wirksamen Anti<strong>de</strong>pressiva und Dosierungen in Frage [20],<br />
bei ungenügen<strong>de</strong>m Ansprechen o<strong>de</strong>r Verträglichkeitsproblemen auch die Umstellung auf eine<br />
prophylaktische Lithiummedikation, die jedoch entsprechen<strong>de</strong> Erfahrung bzw. fachärztliche<br />
Kompetenz erfor<strong>de</strong>rt. In Deutschland sind unter <strong>de</strong>n Anti<strong>de</strong>pressiva Sertralin und Venlafaxin für die<br />
Rezidivprophylaxe zugelassen. Studien zeigen, dass die Beibehaltung <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Akuttherapie<br />
wirksamen Dosierung mit einem rezidivprophylaktischen Effekt verbun<strong>de</strong>n ist, während es umgekehrt<br />
für eine Dosisreduzierung keine empirischen Nachweise gibt [40; 529; 536].<br />
Wenn auch zahlreiche kontrollierte Studien die Wirksamkeit einer rezidivprophylaktischen<br />
Pharmakotherapie belegen, so besteht doch ein grundsätzliches methodisches Problem darin, dass<br />
<strong>de</strong>ren Dauer aus praktischen Grün<strong>de</strong>n meist nicht über maximal zwei Jahre hinausreicht, wodurch<br />
unklar bleibt, ob sich die rezidivprophylaktische Wirksamkeit unter längerer Behandlung verän<strong>de</strong>rt.<br />
Die wirksame Verhin<strong>de</strong>rung von Rezidiven bei unipolaren Patienten ist sowohl für die durch eine<br />
Langzeitmedikation mit verschie<strong>de</strong>nen Anti<strong>de</strong>pressiva als auch mit Lithiumsalzen gut belegt [526;<br />
537]. Sowohl für TZA als auch für SSRI ist die Verhin<strong>de</strong>rung von Rezidiven bei unipolaren<br />
<strong>Depression</strong>en bei einer bis zweijährigen Medikation gegenüber Placebo nachgewiesen [538]. Auch für<br />
Venlafaxin ist placebokontrolliert die rezidivprophylaktische Wirksamkeit gezeigt [539-541]. In drei<br />
Studien wur<strong>de</strong> dabei die volle, zuvor akut verordnete Dosis, z. B. von Imipramin, weiterhin gegeben<br />
[263; 527; 542].<br />
Wenn es auch sinnvoll erscheint, eine in <strong>de</strong>r akuten Phase erfolgreiche anti<strong>de</strong>pressive Therapie als<br />
prophylaktische, unter Umstän<strong>de</strong>n also lebenslange Medikation fortzuführen, so wird doch die<br />
individuelle Verträglichkeit und das individuelle Suizidrisiko für die Therapieentscheidung eine wichtige<br />
Rolle spielen müssen [543]. Studien, Übersichtsarbeiten und Metaanalysen zeigen, dass eine<br />
Lithiumprophylaxe bei unipolar rezidivieren<strong>de</strong>n <strong>Depression</strong>en einen gleich wirksamen<br />
Rückfallschutz wie eine Anti<strong>de</strong>pressivabehandlung bietet [544; 545]. In einem Cochrane-Review<br />
konnte die Wirksamkeit allerdings nicht statistisch signifikant belegt wer<strong>de</strong>n [546]. Eine<br />
Lithiumbehandlung bei unipolaren Verläufen kommt daher als Verfahren <strong>de</strong>r zweiten Wahl in<br />
Betracht, wenn eine Rezidivprophylaxe mit Anti<strong>de</strong>pressiva nicht wirksam o<strong>de</strong>r aus an<strong>de</strong>ren Grün<strong>de</strong>n<br />
nicht durchführbar ist.<br />
Auch wenn erwartet wird, dass die anti<strong>de</strong>pressive Wirkung <strong>de</strong>r Anti<strong>de</strong>pressiva zu einer Reduktion<br />
suizidaler Handlungen führt, konnte dieser Effekt bislang in großen systematischen<br />
Übersichtsarbeiten und Metaanalysen nicht gesichert wer<strong>de</strong>n [39; 359; 396; 403; 404; 547]. Jedoch<br />
existieren übereinstimmen<strong>de</strong> Metaanalysen kontrollierter Studien [449] [447] sowie große<br />
Vergleichsuntersuchungen ([445]; bei bipolaren Patienten: [548]), die insgesamt zeigen, dass eine<br />
Lithiummedikation die Zahl von Suizi<strong>de</strong>n und Suizidversuchen bei Patienten mit unipolaren und<br />
bipolaren Episo<strong>de</strong>n signifikant vermin<strong>de</strong>rn und die sonst um das zwei- bis dreifach erhöhte<br />
Mortalität von affektiven Störungen normalisieren kann [446; 447; 546; 549-554]. In einer aktuellen<br />
Metaanalyse zu unipolaren <strong>Depression</strong>en [448] fand sich eine signifikante Überlegenheit einer<br />
Lithiummedikation bei <strong>de</strong>r Prävention von Suizidversuchen und Suizi<strong>de</strong>n (RR 13 = 4,24 von Lithiumbehan<strong>de</strong>lten<br />
gegenüber nicht mit Lithium medizierten Patienten). In einer prospektiven Studie zeigte<br />
sich dabei eine sehr <strong>de</strong>utliche Überlegenheit von Lithium über Carbamazepin [555; 556]. Deshalb<br />
sollte insbeson<strong>de</strong>re bei Patienten mit Suizidversuchen in <strong>de</strong>r Vorgeschichte die Möglichkeit einer<br />
Lithiumlangzeitmedikation beson<strong>de</strong>rs sorgfältig geprüft wer<strong>de</strong>n.<br />
Im Falle <strong>de</strong>r Unverträglichkeit von Lithium o<strong>de</strong>r bei nicht ausreichen<strong>de</strong>m Ansprechen kommt als<br />
nachrangige Alternative das Antikonvulsivum Carbamazepin in Frage [557-559]. Während bei<br />
bipolaren Patienten mit überwiegend <strong>de</strong>pressiven Phasen auch Lamotrigin als wirksames<br />
Prophylaktikum gegen <strong>de</strong>pressive Phasen in Betracht kommt [560; 561], existieren für diese Substanz<br />
bei unipolaren Verläufen keine systematischen Untersuchungen. Für an<strong>de</strong>re Antikonvulsiva wie z. B.<br />
13 Relative Ratio (RR): Wahrscheinlichkeit, mit <strong>de</strong>r in einer Behandlungsbedingung ein besseres Ergebnis (hier: unter<br />
Lithiummedikation kein Suizid) gegenüber einer an<strong>de</strong>ren Behandlungsbedingung erzielt wird.<br />
© 2009 104