Unipolare Depression Langfassung - Versorgungsleitlinien.de
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� Aufklärung über die Ursachen und die biopsychosoziale Eingebun<strong>de</strong>nheit einer <strong>de</strong>pressiven<br />
Störung nach <strong>de</strong>m Vulnerabilitäts-Stress-Mo<strong>de</strong>ll;<br />
� Aufklärung über die Behandlungsoptionen (Pharmakotherapie, Psychotherapie,<br />
Kombinationstherapie, nichtmedikamentöse somatische Therapien) und <strong>de</strong>n Behandlungsablauf,<br />
Wirklatenzen und mögliche Nebenwirkungen <strong>de</strong>r Behandlung, Thematisierung <strong>de</strong>r<br />
Behandlungsdauer und aktiver Einbezug <strong>de</strong>s Patienten in die Entscheidungsfindung und<br />
� Aufklärung über die Prognose einer <strong>de</strong>pressiven Störung.<br />
Empfehlung/Statement<br />
3-3<br />
Depressive Patienten sollen über Symptomatik, Verlauf und Behandlung <strong>de</strong>r<br />
<strong>Depression</strong> aufgeklärt wer<strong>de</strong>n. Wenn es angebracht ist und die Patienten<br />
einverstan<strong>de</strong>n sind, gilt dies auch für <strong>de</strong>ren Angehörige.<br />
Empfehlungsgrad<br />
In <strong>de</strong>r Regel ist es sinnvoll und wünschenswert, die Angehörigen an <strong>de</strong>pressiven Störungen erkrankter<br />
Patienten in die Behandlung einzubeziehen und sie in einem ersten Schritt über die Krankheit zu<br />
informieren. Dabei sind die Rechtsvorschriften in Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Schweigepflicht zu<br />
beachten [270].<br />
H 3.1.3.3 Partizipative Entscheidungsfindung<br />
Patienten mit <strong>de</strong>pressiven Störungen wollen über ihre Erkrankung und die Behandlungsmöglichkeiten<br />
möglichst gut informiert wer<strong>de</strong>n und sich bei <strong>de</strong>r behandlungsbezogenen Entscheidung beteiligen<br />
[269]. Eine gemeinsame Entscheidungsfindung trägt zu höherem Wissen und realistischeren<br />
Erwartungen über <strong>de</strong>n Erkrankungsverlauf und zu höherer Patientenzufrie<strong>de</strong>nheit bei. Bei <strong>de</strong>r<br />
Partizipativen Entscheidungsfindung (Englisch: Shared Decision Making) wird ein<br />
gleichberechtigtes Zusammenarbeiten von Arzt bzw. Psychotherapeut und Patient angestrebt.<br />
Das Vorgehen bei <strong>de</strong>r Partizipativen Entscheidungsfindung lässt sich durch folgen<strong>de</strong>n beispielhaften<br />
Ablauf beschreiben (siehe Tabelle 16). Zunächst erfolgt die Beschreibung und Erklärung <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>pressiven Störung (Schritt 1: Beschreibung <strong>de</strong>r Erkrankung), woran sich die Mitteilung anschließt,<br />
dass eine Behandlungsentscheidung ansteht. Die Rollen von Arzt/Psychotherapeut und Patient bei<br />
<strong>de</strong>r Partizipativen Entscheidungsfindung wer<strong>de</strong>n durch das Angebot <strong>de</strong>r Zusammenarbeit und die<br />
prinzipielle Gleichberechtigung bei<strong>de</strong>r Partner („Equipoise“ = „Gleichgewicht o<strong>de</strong>r<br />
Gleichwertigkeit“) bestimmt [271]. Einerseits bezieht sich die Gleichwertigkeit auf unterschiedliche, je<br />
nach Indikation gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten, die verfügbar sind (z. B. Psychotherapie<br />
o<strong>de</strong>r Pharmakotherapie bei einer mittelgradigen <strong>de</strong>pressiven Episo<strong>de</strong>). An<strong>de</strong>rerseits ist mit<br />
„Equipoise“ auch das Gleichgewicht von Arzt bzw. Psychotherapeut und Patient im Einfluss auf die<br />
medizinische Entscheidungsfindung gemeint [272] (Schritt 2: Gleichwertigkeit <strong>de</strong>r Optionen betonen<br />
[„Equipoise“]).<br />
Anschließend wer<strong>de</strong>n im Gespräch die Vor- und die Nachteile <strong>de</strong>r möglichen<br />
Entscheidungsoptionen erläutert und vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>r Lebenssituation <strong>de</strong>s Patienten<br />
gegeneinan<strong>de</strong>r abgewogen (Schritt 3: Behandlungsmöglichkeiten und Risiken beschreiben). Dann<br />
wird erfragt, inwiefern das Besprochene verstan<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> und welche Erwartungen o<strong>de</strong>r<br />
Befürchtungen zu <strong>de</strong>n Behandlungsoptionen auf Patientenseite bestehen (Schritt 4: Explorieren<br />
von Verständnis, Gedanken, Befürchtungen). Dieser Austausch umfasst zusätzlich zu Informationen<br />
über <strong>Depression</strong>en und <strong>de</strong>ren Verlauf auch Aspekte <strong>de</strong>s Lebensumfel<strong>de</strong>s <strong>de</strong>s Patienten, seine Werte,<br />
Bedürfnisse und Emotionen (Schritt 5: Erwartungen auf Seiten <strong>de</strong>s Patienten erfassen). Beim<br />
Vorgehen <strong>de</strong>r Partizipativen Entscheidungsfindung wer<strong>de</strong>n die medizinisch-psychologischen und<br />
evi<strong>de</strong>nzbasierten Erkenntnisse auf <strong>de</strong>r einen Seite mit <strong>de</strong>n Patientenfragen und<br />
Patientenbedürfnissen auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite in Verbindung gebracht. Dabei wer<strong>de</strong>n Fach<strong>de</strong>tails, wie<br />
z. B. Ansprechraten, Wirkprofile, Wirklatenz, in laienverständlicher Sprache erörtert. Die Kernfrage,<br />
welche die beste Behandlung für <strong>de</strong>n jeweiligen Patienten ist, wird anhand mehrerer individueller<br />
Fragen und Entscheidungskriterien erörtert. Patienten selbst fragen z. B. häufig, wie schnell die<br />
Wirkung eintrifft o<strong>de</strong>r wie bereit sie sind, eventuelle Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen, o<strong>de</strong>r auch<br />
wie viel Zeit und Aktivität für eine Therapie aufgewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n muss.<br />
© 2009 79<br />
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