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Unipolare Depression Langfassung - Versorgungsleitlinien.de

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ewährte therapeutische Konzepte aus Verhaltenstherapie und psychodynamischer Therapie<br />

pragmatisch zurückgegriffen wird. Bei <strong>de</strong>r IPT wird davon ausgegangen, dass <strong>Depression</strong>en durch<br />

verschie<strong>de</strong>ne Faktoren (z. B. biologische Faktoren, Verlusterlebnisse) verursacht sein können.<br />

Unabhängig von <strong>de</strong>n Ursachen wer<strong>de</strong>n <strong>Depression</strong>en jedoch stets in einem psychosozialen und<br />

interpersonellen Kontext gesehen. Ein wichtiges Therapieziel ist <strong>de</strong>shalb die Bewältigung belasten<strong>de</strong>r<br />

zwischenmenschlicher und psychosozialer Stressoren, wie unbewältigte Trauer, Rollenwechsel,<br />

Rollenkonflikte, soziale Isolation und familiäre, berufliche o<strong>de</strong>r soziale Konflikte, unabhängig davon, ob<br />

diese Stressoren zur <strong>de</strong>pressiven Störung beitragen o<strong>de</strong>r die Folge <strong>de</strong>r <strong>de</strong>pressiven Störung sind. Der<br />

therapeutische Prozess umfasst drei Phasen, die jeweils unterschiedliche Schwerpunkte haben. Die<br />

wichtigsten Inhalte dieser drei Therapiephasen sind in <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Übersicht zusammengefasst:<br />

In <strong>de</strong>r Anfangsphase (1.-3. Sitzung) stehen die Aufklärung über die <strong>de</strong>pressive Erkrankung, die<br />

Beziehungsanalyse und die I<strong>de</strong>ntifizierung <strong>de</strong>r Problembereiche im Vor<strong>de</strong>rgrund. In <strong>de</strong>r mittleren<br />

Phase (4.-13. Sitzung) wer<strong>de</strong>n geeignete Strategien und Fähigkeiten zur Bearbeitung <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r ersten<br />

Phase festgelegten Problembereiche erlernt, wie z. B. die Bewältigung <strong>de</strong>r sozialen und<br />

interpersonellen Schwierigkeiten, die mit <strong>de</strong>r <strong>Depression</strong> in Verbindung stehen. In <strong>de</strong>r Schlussphase<br />

(14.-16. Sitzung) geht es schließlich um die Zusammenfassung <strong>de</strong>s Therapieprozesses und die<br />

Vorbereitung auf die Zeit nach <strong>de</strong>r Behandlung, die Wie<strong>de</strong>reinglie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Patienten in <strong>de</strong>n Alltag<br />

und um Informationen und Strategien, wie mögliche künftige Probleme frühzeitig erkannt und gelöst<br />

wer<strong>de</strong>n können (vgl. [687; 688]).<br />

H 3.4.2.6 Gesprächspsychotherapie<br />

Die Entwicklung <strong>de</strong>r Gesprächspsychotherapie (GPT) ist eng mit <strong>de</strong>r Person von Carl Rogers<br />

verknüpft, <strong>de</strong>r als Hauptvertreter <strong>de</strong>r humanistischen Psychologie gilt. Er nahm an, dass eine Person,<br />

die psychotherapeutische Hilfe sucht, die Fähigkeit zur Selbstheilung, zur Problemlösung und zum<br />

persönlichen Wachstum besitzt, wenn es <strong>de</strong>m Therapeuten gelingt, die notwendigen<br />

Voraussetzungen durch die Verwirklichung bestimmter Einstellungen und Verhaltensweisen zu<br />

schaffen. Die Basisvariablen sind ein Ergebnis <strong>de</strong>r Forschung zur GPT: Wenn ein Therapeut versteht,<br />

was zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Therapie in einem Patienten vorgeht (Empathie) und wenn er in <strong>de</strong>r Lage ist,<br />

ihm das Verstan<strong>de</strong>ne in aufrichtiger Weise (Kongruenz) und Zugewandtheit (nicht an Bedingungen<br />

geknüpfte Wertschätzung) mitzuteilen, so wird dieser eine konstruktive Persönlichkeitsverän<strong>de</strong>rung<br />

erfahren. Diese Verän<strong>de</strong>rung geht vom Patienten aus und kann und soll vor Beginn <strong>de</strong>r Therapie nicht<br />

inhaltlich festgelegt wer<strong>de</strong>n.<br />

Die gesprächspsychotherapeutische Störungstheorie <strong>de</strong>r <strong>Depression</strong> geht von einer<br />

<strong>de</strong>pressionstypischen Diskrepanz zwischen Selbstbild und Selbsti<strong>de</strong>al aus. Diese Diskrepanz führt zu<br />

einer Art Kluft („spezifische Inkongruenz“) zwischen <strong>de</strong>m Selbstkonzept (Selbstbild und Selbsti<strong>de</strong>al)<br />

und <strong>de</strong>m originären, aber nicht symbolisierten Erleben („organismische Erfahrung“) mit <strong>de</strong>r Folge,<br />

dass eigene Ansprüche, vor allem Bedürfnisse nach Selbstbehauptung und Selbstabgrenzung, nicht<br />

o<strong>de</strong>r nur verzerrt wahrgenommen und akzeptiert wer<strong>de</strong>n [689; 690]. Es resultieren die Neigung zu<br />

Selbstabwertung, Selbstunzufrie<strong>de</strong>nheit, leicht zu induzieren<strong>de</strong> Schuldgefühle und ein starkes<br />

Bedürfnis nach Bestätigung und Anerkennung. Infolge <strong>de</strong>r letzteren kommt es zu unrealistischen<br />

Beziehungserwartungen und damit zu dysfunktionalem Beziehungsverhalten.<br />

Die Therapie <strong>de</strong>pressiver Störungen leitet sich unmittelbar vom allgemeinen GPT-Therapiemo<strong>de</strong>ll und<br />

<strong>de</strong>n Basisvariablen ab. Hier ist einmal die generell vom Therapeuten gefor<strong>de</strong>rte bejahen<strong>de</strong>,<br />

anerkennen<strong>de</strong> Grundhaltung, seine engagierte, interessierte und affirmative Zuwendung zu nennen<br />

(bedingungsfreie Wertschätzung; siehe oben), auf die gera<strong>de</strong> Depressive wegen ihres negativen<br />

Selbstkonzeptes angewiesen sind, und die – angemessen kommuniziert – schon von sich aus zu<br />

einer Ressourcenaktivierung und Selbstwertstabilisierung führen kann. Das Bemühen um einen<br />

verstehen<strong>de</strong>n Nachvollzug und die (partielle) Perspektivübernahme seitens <strong>de</strong>s Therapeuten (Alter-<br />

Ego-Position) weist diesem konsequent die Rolle eines inneren Begleiters <strong>de</strong>s Klienten zu, eine<br />

Funktion, die für Depressive mit ihrem starken Bedürfnis nach stützen<strong>de</strong>r Nähe und Anerkennung<br />

beson<strong>de</strong>rs wichtig und heilsam ist. Durch die mit diesem Einfühlen verbun<strong>de</strong>nen therapeutischen<br />

Verstehensangebote wird die Neigung und die Fähigkeit <strong>de</strong>s Patienten zur Selbstexploration, d. h. zu<br />

einer vertieften Selbstwahrnehmung und Selbsterfahrung, so angeregt, dass die Anerkennung eigener<br />

Gefühle und Bedürfnisse ermöglicht, die Überhöhung <strong>de</strong>s Selbsti<strong>de</strong>als zurückgenommen und<br />

unangemessene Beziehungserwartungen korrigiert wer<strong>de</strong>n können.<br />

Greenberg et al. (1993) führen im Hinblick auf die „Process-Experiential-Psychotherapy“ – einer<br />

Ausprägungsform <strong>de</strong>r GPT – drei für <strong>de</strong>pressive Störungen typische Prozesse an: (1) übermäßige<br />

© 2009 118

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