Unipolare Depression Langfassung - Versorgungsleitlinien.de
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H 3.4.6 Erhaltungstherapie bzw. Rezidivprophylaxe durch<br />
Psychotherapie<br />
Wegen <strong>de</strong>s häufig rezidivieren<strong>de</strong>n Verlaufs <strong>de</strong>pressiver Störungen und <strong>de</strong>r sich daraus ergeben<strong>de</strong>n<br />
Notwendigkeit von Maßnahmen zur Aufrechterhaltung <strong>de</strong>s Therapieerfolgs und zur Rezidivprophylaxe<br />
haben psychotherapeutische Strategien, die einen einmal eingetretenen Behandlungserfolg<br />
beibehalten helfen, wachsen<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung, ebenso geeignete Verfahren zur Behandlung einer<br />
Residualsymptomatik bei partieller Remission [800; 801].<br />
Aus naturalistischen Studien an behan<strong>de</strong>lten <strong>de</strong>pressiven Patienten sind Rückfall- bzw.<br />
Wie<strong>de</strong>rerkrankungsraten von ca. 30-40 % innerhalb eines Jahres und von ca. 40-50 % innerhalb<br />
zweier Jahre nach Remission bekannt [188; 198]. Da schon die ausschließlich in <strong>de</strong>r Akutphase<br />
angewen<strong>de</strong>ten Psychotherapien, insbeson<strong>de</strong>re die KVT, zu günstigeren längerfristigen Effekten<br />
führen als die Pharmakotherapie, wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n vergangenen Jahren verstärkt <strong>de</strong>ren Potenzial als<br />
Erhaltungstherapien sowie zur Rückfallprophylaxe und langfristigen Erfolgssicherung untersucht und<br />
bestätigt [17].<br />
Psychotherapeutische Maßnahmen (KVT o<strong>de</strong>r IPT) realisieren dabei die bereits im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
Akuttherapie angewandten Elemente, z. T. ergänzt um weitere spezielle Interventionen. Der Umfang<br />
<strong>de</strong>r Erhaltungstherapien liegt zwischen zehn und 36 (einzeltherapeutischen) Sitzungen, verteilt über<br />
einen mehrmonatigen, z. T. auch mehrjährigen Zeitraum (sechs- bis 36 Monate). Die Katamnesen<br />
reichen bis zu sechs Jahren. Das Grundprinzip dabei ist, dass Psychotherapie potenziell<br />
Bewältigungsfähigkeiten, gera<strong>de</strong> bei kritischen Lebensereignissen, steigern und somit Trigger für<br />
rezidivieren<strong>de</strong> <strong>de</strong>pressive Episo<strong>de</strong>n reduzieren kann [17].<br />
Daten zur Wirksamkeit liegen aus drei unterschiedlichen Quellen (siehe unten) vor: (1) Carry-over-<br />
Effekte aus <strong>de</strong>r psychotherapeutischen Akutbehandlung auf mögliche Rückfälle innerhalb von ein<br />
o<strong>de</strong>r zwei Jahren; (2) Psychotherapien als alleinige Erhaltungstherapien; (3) Psychotherapien<br />
als Bestandteil einer Kombinationstherapie in <strong>de</strong>r Erhaltungsphase.<br />
H 3.4.6.1 Carry-over-Effekte von Psychotherapie<br />
Unter Carry-over-Effekten versteht man nach Wirkungen, die über das Therapieen<strong>de</strong> hinaus anhalten.<br />
Diese nachhaltigen Carry-over-Effekte wer<strong>de</strong>n auch von <strong>de</strong>r Akuttherapie auf spätere Phasen<br />
erwartet, in <strong>de</strong>nen keine Therapie mehr stattfin<strong>de</strong>t (z. B. eine anschließen<strong>de</strong> Erhaltungstherapie o<strong>de</strong>r<br />
Therapie zur Rezidivprophylaxe; vgl. [17; 802]. Patienten, die von einer Pharmakotherapie profitiert<br />
haben, ihre Medikation nach <strong>de</strong>r Behandlung in <strong>de</strong>r Akutphase (z. B. aufgrund <strong>de</strong>s Studien<strong>de</strong>signs)<br />
jedoch nicht fortgeführt haben, wiesen innerhalb eines Follow-up-Zeitraums von zwölf o<strong>de</strong>r 24<br />
Monaten eine hohe Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs auf [803-805].<br />
Im Vergleich hierzu wiesen Patienten, die mit KVT behan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>n, signifikant geringere<br />
Rückfallraten auf. In <strong>de</strong>r Studie von Simons et al. (1986) [805] hatten 20 % <strong>de</strong>r mit KVT therapierten<br />
Patienten gegenüber 66 % <strong>de</strong>rjenigen Patienten, die ihre Medikation abgesetzt hatten, einen Rückfall<br />
innerhalb von zwölf Monaten. In <strong>de</strong>r Studie von Evans et al. (1992) [803] hatten wie<strong>de</strong>rum 20 % <strong>de</strong>r<br />
KVT-behan<strong>de</strong>lten Patienten einen Rückfall gegenüber 50 % <strong>de</strong>r Patienten, die ihre Medikation<br />
unterbrochen hatten.<br />
In einem naturalistischen Follow-up <strong>de</strong>r NIMH-Studie [344; 804] gab es keine signifikanten<br />
Unterschie<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>n Interventionen bezüglich <strong>de</strong>s Anteils <strong>de</strong>r Patienten, die während eines 18-<br />
Monats-Follow-up-Zeitraums ihre Remission beibehalten konnten, und jener Patienten, die nach einer<br />
Remission ein Rezidiv erlitten hatten [804]. Gleichwohl waren die Remissionsraten in allen<br />
Interventionen relativ gering: bei KVT 30 %, bei IPT 26 %, bei Imipramin und Clinical Management<br />
19 % und bei Placebo mit Clinical Management 20 %. Unter jenen Patienten, die ursprünglich eine<br />
Remission erreicht hatten, betrugen die Rückfallraten 36 % (KVT), 33 % (IPT), 50 % (Imipramin und<br />
Clinical Management) bzw. 33 % (Placebo und Clinical Management). Nach zwölf Monaten hatten<br />
diejenigen Patienten, die mit KVT behan<strong>de</strong>lt wor<strong>de</strong>n waren, die geringste Rückfallrate. Eine<br />
Schlussfolgerung <strong>de</strong>r Autoren geht dahin, dass eine lediglich 16-wöchige Akutbehandlung zu kurz und<br />
daher insuffizient für die meisten Patienten ist, um eine volle Remission zu erreichen und zu erhalten.<br />
© 2009 132