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Unipolare Depression Langfassung - Versorgungsleitlinien.de

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Erkrankung um das 1,8-fache erhöht ist, wobei diese Assoziation für sich genommen noch nichts über<br />

eine mögliche Kausalität aussagt [114]. Zu <strong>de</strong>n gehäuft im Rahmen <strong>de</strong>pressiver Episo<strong>de</strong>n<br />

auftreten<strong>de</strong>n somatischen Beeinträchtigungen zählen u. a. arteriosklerotische Herz-Kreislauf-<br />

Erkrankungen, Krebs, Migräne, Asthma bronchiale, Allergien, Ulcus pepticum, Diabetes mellitus und<br />

Infektionserkrankungen [110; 111; 115-117]. Eine Schwächung <strong>de</strong>s Immunsystems wur<strong>de</strong> für<br />

Trauern<strong>de</strong> nachgewiesen und könnte einen Teil <strong>de</strong>r Assoziation <strong>de</strong>pressiver und<br />

körperlicher/psychosomatischer Erkrankungen erklären [118].<br />

Die hohe Prävalenz <strong>de</strong>pressiver Störungen bei Patienten mit somatischen Erkrankungen ist in<br />

vielen epi<strong>de</strong>miologischen Studien nachgewiesen. Die Lebenszeitprävalenz einer <strong>de</strong>pressiven<br />

Störung liegt bei Patienten mit körperlichen Erkrankungen bei 42 % [119; 120]. Bezogen auf die Vier-<br />

Wochen-Prävalenz liegen die Raten für eine <strong>de</strong>pressive Störung bei 20 % für Patienten mit<br />

muskuloskelettalen Erkrankungen und Schmerzen, bei 18,9 % für Patienten mit Tumorerkrankungen<br />

und bei 13,9 % für Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen [84]. Studien belegen, dass das<br />

relative Risiko, eine kardiovaskuläre Erkrankung zu erlei<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r daran zu versterben, erhöht ist,<br />

wenn Patienten erhöhte <strong>Depression</strong>swerte aufweisen. Das relative Risiko für kardiovaskuläre<br />

Erkrankungen beim Vorhan<strong>de</strong>nsein <strong>de</strong>pressiver Störungen liegt je nach Studie zwischen 1,1 % und<br />

4,2 % [121-124].<br />

Für Patienten, die nach einem Myokardinfarkt an einer <strong>Depression</strong> erkranken, liegt die Mortalität<br />

<strong>de</strong>utlich höher als für Infarktpatienten ohne <strong>Depression</strong> [125]. Wie weit die Behandlung <strong>de</strong>r<br />

<strong>Depression</strong> dann auch die körperliche Prognose verbessert, ist noch nicht konsistent nachgewiesen<br />

wor<strong>de</strong>n, jedoch bestehen berechtigte Hoffnungen [126].<br />

Von beson<strong>de</strong>rer Be<strong>de</strong>utung sind auch die Zusammenhänge zwischen hirnorganischen<br />

Erkrankungen und <strong>Depression</strong>en, vor allem im höheren Lebensalter. Dies gilt analog zu <strong>de</strong>n<br />

kardiovaskulären Erkrankungen für zerebrovaskuläre Erkrankungen, wie Schlaganfälle und vaskuläre<br />

Demenzen [127; 128]. Vor allem die Beeinträchtigung subkortikaler Hirnfunktionskreise führt zu<br />

<strong>Depression</strong>en, beson<strong>de</strong>rs häufig zum Beispiel beim Morbus Parkinson [129]. Die in diesem Kontext<br />

auftreten<strong>de</strong>n <strong>Depression</strong>en bieten zum Teil ein eigenes Erscheinungsbild mit ausgeprägte(re)n<br />

exekutiven Funktionsstörungen, vor allem Aufmerksamkeits<strong>de</strong>fizite, Verlangsamung und Affektlabilität.<br />

Dies hat zu neuen Operationalisierungen wie z. B. <strong>de</strong>r einer „vaskulären <strong>Depression</strong>“ als eigener<br />

diagnostischer Kategorie geführt [127; 130].<br />

Immer noch nicht vollständig geklärt ist <strong>de</strong>r Zusammenhang zwischen <strong>Depression</strong> und Alzheimer-<br />

Demenz. Sicher ist, dass speziell Patienten, die im höheren Lebensalter erstmalig an einer<br />

<strong>Depression</strong> erkranken und über kognitive Störungen klagen, mit zunehmen<strong>de</strong>r Dauer <strong>de</strong>r<br />

Verlaufsbeobachtung eine Demenz erlei<strong>de</strong>n [131; 132]. An<strong>de</strong>rerseits zeigte vor kurzem eine<br />

Metaanalyse, dass <strong>Depression</strong>en generell ein doppelt so hohes Risiko für die Entwicklung einer<br />

Alzheimer-Demenz mit sich bringen [133].<br />

H 1.2.5 Folgewirkungen <strong>de</strong>pressiver Störungen<br />

Depressive Störungen haben unter <strong>de</strong>n psychischen Störungen eine beson<strong>de</strong>rs hohe Be<strong>de</strong>utung für<br />

die Gesundheitsversorgung. Nach einer WHO-Studie zählen <strong>de</strong>pressive Störungen zu <strong>de</strong>n<br />

wichtigsten Volkskrankheiten und wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n nächsten Jahren noch <strong>de</strong>utlich an Be<strong>de</strong>utung<br />

zunehmen [134-136]. Eine Maßeinheit ist hierbei beson<strong>de</strong>rs relevant: Der Indikator „Disability-adjusted<br />

Life Years“ (DALYs) erfasst die Summe <strong>de</strong>r Lebensjahre, die durch Behin<strong>de</strong>rung o<strong>de</strong>r vorzeitigen Tod<br />

aufgrund einer Erkrankung verloren gehen. Die Zahlen wer<strong>de</strong>n dabei aufgrund regionaler<br />

epi<strong>de</strong>miologischer Befun<strong>de</strong> auf die Weltbevölkerung extrapoliert. Hierbei nahmen unipolare<br />

<strong>de</strong>pressive Störungen 1990 <strong>de</strong>n vierten Rang ein, was ihre Be<strong>de</strong>utung unter allen weltweiten<br />

Erkrankungen auf Lebensbeeinträchtigung und vorzeitigen Tod angeht (vgl. Abbildung 3; [135]). Üstün<br />

et al. (2004) [137] sowie Murray und Lopez (1997) [135] gehen davon aus, dass unipolare<br />

<strong>Depression</strong>en bis 2020 unter <strong>de</strong>n das Leben beeinträchtigen<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r verkürzen<strong>de</strong>n Volkskrankheiten<br />

nach <strong>de</strong>r koronaren Herzerkrankung die größte Be<strong>de</strong>utung haben wer<strong>de</strong>n, weil infektiöse<br />

Erkrankungen ten<strong>de</strong>nziell abnehmen.<br />

Die Symptome einer <strong>Depression</strong> führen zu einer starken Beeinträchtigung <strong>de</strong>r körperlichen und<br />

psychischen Befindlichkeit [83; 138-140]. Depressive Menschen beschreiben ihr körperliches und<br />

seelisches Befin<strong>de</strong>n zu jeweils 77 % als schlecht bis sehr schlecht im Vergleich zu nicht <strong>de</strong>pressiven<br />

mit 38 % bzw. 17 % [59]. Auch die Alltagsaktivitäten sind durch eine <strong>Depression</strong> <strong>de</strong>utlich<br />

© 2009 51

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