Unipolare Depression Langfassung - Versorgungsleitlinien.de
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maximal zwölf Wochen beträgt die Responserate für Anti<strong>de</strong>pressiva meist zwischen 50-60 %, bei<br />
Placeborresponseraten von ca. 25-35 % (z. B. [38; 341]). Die Placeboresponse variiert zwischen <strong>de</strong>n<br />
verschie<strong>de</strong>nen Studien, sie scheint in neueren Studien zuzunehmen [342] und vom Schweregrad <strong>de</strong>r<br />
<strong>Depression</strong> abzuhängen [34; 38; 343]; bei schweren <strong>Depression</strong>en hingegen nimmt sie ab [255; 256;<br />
344]. Zu<strong>de</strong>m beziehen sich die Wirksamkeitsunterschie<strong>de</strong> im Vergleich zu Placebo zumeist auf eine<br />
höhere Rate an Respon<strong>de</strong>rn, während die Unterschie<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Remissionsraten o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Rückgang<br />
<strong>de</strong>s Summenscores in <strong>de</strong>n <strong>Depression</strong>s-Ratingskalen häufig nicht signifikant sind [19]. In <strong>de</strong>r<br />
Wahrnehmung <strong>de</strong>r (Fach-) Öffentlichkeit wird die Wirksamkeit von Anti<strong>de</strong>pressiva eher überschätzt,<br />
da Studien, in <strong>de</strong>nen das Anti<strong>de</strong>pressivum besser als Placebo abschnitt, sehr viel häufiger in<br />
Fachjournalen publiziert wer<strong>de</strong>n, als solche, in <strong>de</strong>nen das Anti<strong>de</strong>pressivum Placebo nicht überlegen<br />
war [36]. Wesentliche Wirksamkeitsunterschie<strong>de</strong> von Anti<strong>de</strong>pressiva bzw. verschie<strong>de</strong>nen<br />
Substanzklassen zwischen Frauen und Männern wur<strong>de</strong>n in verschie<strong>de</strong>nen Studien, die diese Frage<br />
explizit adressiert haben, nicht gefun<strong>de</strong>n. Zwar kam eine Metaanalyse [345] zum Ergebnis, dass das<br />
Trizyklikum Imipramin bei Männern eine höhere Wirksamkeit haben soll. Darüber hinaus zeigen einige<br />
Studien, dass junge Frauen von SSRI gegenüber Noradrenalin-Rückaufnahmehemmern stärker<br />
profitieren, während dieser Unterschied für Männer nicht gelten soll (z. B. [346-349]). An<strong>de</strong>rerseits<br />
sind die Ergebnisse bzgl. geschlechtsspezifischer Wirksamkeitsunterschie<strong>de</strong> von Anti<strong>de</strong>pressiva<br />
insgesamt noch inkonsistent; es liegen auch zahlreiche Studien vor, die keinerlei<br />
Geschlechtsunterschie<strong>de</strong> fan<strong>de</strong>n [350]. So wur<strong>de</strong>n beispielsweise für Venlafaxin und Duloxetin [351]<br />
o<strong>de</strong>r Bupropion [352] keine Wirksamkeitsunterschie<strong>de</strong> gefun<strong>de</strong>n.<br />
H 3.3.1.1 Wirksamkeit bei leichten <strong>Depression</strong>en<br />
Bei leichten <strong>Depression</strong>en ist ein Unterschied zwischen Placebo und Anti<strong>de</strong>pressiva statistisch nicht<br />
nachweisbar, so dass nur sehr wenige Patienten von einer Behandlung mit Anti<strong>de</strong>pressiva profitieren<br />
dürften („leicht“ ist hierbei <strong>de</strong>finiert als Ausgangswert von 15 o<strong>de</strong>r weniger auf <strong>de</strong>r HAM-D17 Skala).<br />
Dieser Sachverhalt wird beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich bei <strong>de</strong>n Ergebnissen <strong>de</strong>r so genannten Star*D Studie, wo<br />
etwa 35 % <strong>de</strong>r insgesamt 3 671 Patienten eine mil<strong>de</strong> <strong>Depression</strong> hatten und so zu <strong>de</strong>n ungewöhnlich<br />
niedrigen Responseraten <strong>de</strong>r Studie beitrugen [31]. Auch eine aktuelle Metaanalyse, die Studien, die<br />
bei <strong>de</strong>r US-amerikanischen Zulassungsbehör<strong>de</strong> FDA eingereicht wur<strong>de</strong>n, analysierte, kam zu diesem<br />
Ergebnis [34].<br />
H 3.3.1.2 Wirksamkeit bei mittelschweren bis schweren <strong>Depression</strong>en<br />
Bei mittelschweren bis schweren <strong>Depression</strong>en ist hingegen <strong>de</strong>r Wirkunterschied zwischen<br />
Anti<strong>de</strong>pressiva und Placebo ausgeprägter, da bei <strong>de</strong>n schwersten Formen bis zu 30 % <strong>de</strong>r<br />
behan<strong>de</strong>lten Patienten über die Placeborate hinaus von Anti<strong>de</strong>pressiva profitieren. So ist mit Scores in<br />
<strong>de</strong>r HDRS von > 24 <strong>de</strong>r konsistenteste Unterschied zwischen <strong>de</strong>m Ansprechen auf Verum und<br />
Placebo verbun<strong>de</strong>n, wobei diese Unterschie<strong>de</strong> in Richtung <strong>de</strong>s aktiven Anti<strong>de</strong>pressivums auch<br />
klinisch signifikant sind [353].<br />
Erhebliche Unterschie<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>n Substanzklassen bestehen jedoch bezüglich Toxizität und<br />
bezüglich <strong>de</strong>r Nebenwirkungen. Letzteres ist von erheblicher klinischer Relevanz, da mehr als die<br />
Hälfte <strong>de</strong>r mit Anti<strong>de</strong>pressiva behan<strong>de</strong>lten Patienten über unerwünschte Nebenwirkungen klagt.<br />
H 3.3.1.3 Wirkmechanismen<br />
Über die Mechanismen, durch welche die Wirkung <strong>de</strong>r Anti<strong>de</strong>pressiva zustan<strong>de</strong> kommt, besteht<br />
weiterhin Unklarheit. Daher ist es bis heute nicht möglich, verlässlich vorauszusagen, ob und wann ein<br />
bestimmter Patient auf ein bestimmtes Anti<strong>de</strong>pressivum ansprechen wird. Es ist also nicht möglich,<br />
die Anti<strong>de</strong>pressivabehandlung auf solche Patienten zu beschränken, die auch „tatsächlich“ von <strong>de</strong>r<br />
Behandlung profitieren. Insbeson<strong>de</strong>re scheinen Anti<strong>de</strong>pressiva in einer Untergruppe von Patienten<br />
einen Heilungsprozess anzustoßen, <strong>de</strong>r ohne Medikamente nicht zustan<strong>de</strong> kommen wür<strong>de</strong>.<br />
Ca. zwei Drittel <strong>de</strong>r mit Anti<strong>de</strong>pressiva behan<strong>de</strong>lten Patienten respondieren. Allerdings zeigt sich bei<br />
ungefähr <strong>de</strong>r Hälfte dieser Respon<strong>de</strong>r nur eine Partialresponse und keine wirkliche Remission [354].<br />
H 3.3.1.4 Wirkungseintritt und Verlauf <strong>de</strong>r Besserung<br />
Detaillierte Untersuchungen haben gezeigt, dass die Unterschie<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />
Substanzklassen sowie zwischen <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Substanzen und Placebo bezüglich <strong>de</strong>s<br />
zeitlichen Verlaufs <strong>de</strong>r Besserung marginal sind, also Anti<strong>de</strong>pressiva nicht zu einer schnelleren<br />
Besserung als Placebo führen [355; 356]. Anti<strong>de</strong>pressiva stoßen jedoch <strong>de</strong>n Heilungsprozess bei<br />
© 2009 91