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Unipolare Depression Langfassung - Versorgungsleitlinien.de

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Die Wirksamkeit <strong>de</strong>r selektiven Serotonin-Wie<strong>de</strong>raufnahme-Hemmer (SSRI) bei <strong>de</strong>r Behandlung<br />

akuter <strong>de</strong>pressiver Episo<strong>de</strong>n ist in vielen klinischen Studien gegenüber Placebo und in<br />

entsprechen<strong>de</strong>n Metaanalysen nachgewiesen [309; 369-371; 375-381].<br />

Unerwünschte Wirkungen: (Anhang 5: Anti<strong>de</strong>pressivagruppen mit unerwünschten<br />

Arzneimittelwirkungen, Wechselwirkungen und Kontraindikationen (mod. nach [15] und dort zitierten<br />

Quellen): Häufig treten u. a. Übelkeit, anfänglich auch Agitiertheit o<strong>de</strong>r im späteren<br />

Behandlungsverlauf eine sexuelle Dysfunktion auf. Da SSRI auf an<strong>de</strong>re Rezeptoren keine<br />

wesentliche blockieren<strong>de</strong> Wirkung ausüben, weisen sie ein an<strong>de</strong>res Nebenwirkungsprofil auf als die<br />

TZA. Selten können SSRI durch Hemmung <strong>de</strong>r Serotoninaufnahme in die Thrombozyten das<br />

Auftreten von Blutungen (gastrointestinal, urogenital, intrazerebral, perioperativ) begünstigen, bei<br />

Kombination mit nichtsteroidalen Antirheumatika (inkl. niedrig-dosierter Acetylsalicylsäure), älteren<br />

Patienten o<strong>de</strong>r einer Anamnese gastrointestinaler Blutungen erhöht sich das Risiko weiter [382-387].<br />

Bei älteren Patienten gibt es Hinweise, dass SSRI zu einem erhöhten Verlust an Knochendichte und<br />

zu einem erhöhten Frakturrisiko führen können [388; 389]. Insbeson<strong>de</strong>re bei Kombination mehrerer<br />

serotoninagonistischer Substanzen (z. B. Kombination mit MAO-A-Hemmern o<strong>de</strong>r Clomipramin)<br />

besteht die Gefahr <strong>de</strong>r Entwicklung eines Serotonin-Syndroms (Fieber, Schwitzen, gastrointestinale<br />

Beschwer<strong>de</strong>n, Tremor, Rigidität, Myoklonien, Gefahr von epileptischen Anfällen, Hyperreflexie,<br />

Agitiertheit und in schweren Fällen Verhaltens- und Bewusstseinsän<strong>de</strong>rungen).<br />

Die SSRI Fluoxetin und Paroxetin sind Inhibitoren <strong>de</strong>s Cytochrom P450 (CYP)-Isoenzyms CYP2D6,<br />

Fluvoxamin ist Inhibitor von CYP1A2 und CYP2C19 12 . Daher ist bei Kombination dieser SSRI mit<br />

Medikamenten, die Substrate <strong>de</strong>r genannten CYPs sind, mit pharmakokinetischen<br />

Wechselwirkungen zu rechnen (siehe jeweilige Fachinformationen und Tabelle im Anhang 6:<br />

"Substrate (nur Anti<strong>de</strong>pressiva) <strong>de</strong>r Cytochrom P450-Isoenzme" Citalopram und Sertralin haben ein<br />

vergleichsweise geringes pharmakokinetisches Interaktionspotential. Fluoxetin unterschei<strong>de</strong>t sich von<br />

<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren SSRI durch eine (längere) Halbwertzeit von mehreren Tagen bzw. Wochen (Norfluoxetin,<br />

aktiver Metabolit), die bei Schwierigkeiten in <strong>de</strong>r Therapieakzeptanz gelegentlich von Vorteil sein<br />

kann, aber an<strong>de</strong>rerseits die flexible Steuerung <strong>de</strong>r Therapie erschweren dürfte [376]. Gera<strong>de</strong> bei<br />

älteren Menschen ist auch auf Hyponatriämien zu achten, <strong>de</strong>ren Auftreten durch entsprechen<strong>de</strong><br />

Komedikation wie z. B. Diuretika verstärkt wer<strong>de</strong>n kann. Unter einer Behandlung mit SSRI kann es,<br />

unter an<strong>de</strong>rem bedingt durch exzitatorische Nebenwirkungen wie Agitiertheit o<strong>de</strong>r Akathisie, zum<br />

Auftreten von akuter Suizidalität kommen [390]. Ob dieses Risiko einer De-novo-Induzierung o<strong>de</strong>r<br />

Verstärkung <strong>de</strong>r Suizidalität unter einer Behandlung erwachsener <strong>de</strong>pressiv Erkrankter mit SSRI<br />

höher als unter einer Behandlung mit an<strong>de</strong>ren Anti<strong>de</strong>pressiva o<strong>de</strong>r Psychotherapie ist, lässt sich<br />

anhand <strong>de</strong>r gegenwärtigen Datenlage noch nicht abschließend bewerten und wird kontrovers<br />

diskutiert [391]. Mehrere Übersichten kontrollierter Studien [39; 359; 392-396], aber auch<br />

epi<strong>de</strong>miologische Untersuchungen [397] kommen zu <strong>de</strong>m Schluss, dass keine erhöhte Suizidalität<br />

unter SSRI vorliegt; an<strong>de</strong>rerseits schließt dies das Vorhan<strong>de</strong>nsein dieser seltenen Nebenwirkungen<br />

bei entsprechend prädisponierten Patienten nicht aus [398; 399]. Epi<strong>de</strong>miologische Studien fan<strong>de</strong>n<br />

hingegen ein erhöhtes Risiko von SSRI im Vergleich zu TZA [400; 401]. Das englische Committee on<br />

Safety of Medicines führt jedoch in seinem Report zur Sicherheit von SSRI aus, dass es bislang keine<br />

ausreichen<strong>de</strong> Evi<strong>de</strong>nz für <strong>de</strong>utliche Unterschie<strong>de</strong> innerhalb <strong>de</strong>r Gruppe <strong>de</strong>r SSRI o<strong>de</strong>r zu an<strong>de</strong>ren<br />

Anti<strong>de</strong>pressiva, insbeson<strong>de</strong>re auch <strong>de</strong>n TZA gibt [402-405]. Prinzipiell sollten diese Abwägungen nicht<br />

Anlass zur Zurückhaltung bei einer ein<strong>de</strong>utig indizierten Anti<strong>de</strong>pressivamedikation (z. B. Vorliegen<br />

einer mittelschweren/schweren <strong>de</strong>pressiven Episo<strong>de</strong>) sein. Sie unterstreichen jedoch die Be<strong>de</strong>utung<br />

eines sehr sorgfältigen, engmaschigen Monitorings, beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>r Einstellungsphase.<br />

Die FDA for<strong>de</strong>rte 2004 alle Hersteller auf, sämtliche Daten aller bisher durchgeführten Studien<br />

einzureichen, auch <strong>de</strong>r nicht publizierten. Zusammengekommen sind 372 Studien mit fast 100 000<br />

Teilnehmern, <strong>de</strong>ren Auswertung die FDA im Dezember 2006 auf ihrer Webseite publiziert hat<br />

(http://www.fda.gov/ohrms/dockets/ac/06/briefing/2006-4272b1-01-FDA.pdf). Danach hängt das<br />

Risiko eines suizidalen Verhaltens o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Suizidalität nach Einnahme von Anti<strong>de</strong>pressiva vom<br />

Alter <strong>de</strong>r Patienten ab. Bei <strong>de</strong>n jüngsten Patienten, Kin<strong>de</strong>rn und frühe Teenagern ist das Risiko zwei-<br />

bis dreifach erhöht. Die Schnittpunkte mit <strong>de</strong>r Nulllinie (Odds Ratio = 1) liegen nach dieser Abbildung<br />

12 Cytochrome P450 (CYP) sind die Superfamilie von Hämproteinen mit enzymatischer Aktivität (Oxidase). Diese Enzyme<br />

sind u.a. an <strong>de</strong>r Biosynthese von Steroi<strong>de</strong>n, Prostaglandinen und Retinoi<strong>de</strong>n beteiligt. Beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung besitzen sie<br />

auch für <strong>de</strong>n Abbau (Metabolismus) von Fremdstoffen (Pharmaka, Xeno-biotika). Es gibt zahlreiche Untertypen von<br />

Cytochrom P450. Wichtigste Vertreter im menschlichen Organismus sind: CYP 1A2, CYP 2C9, CYP 2D6, CYP 3A4, CYP<br />

2C19.<br />

© 2009 93

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