Unipolare Depression Langfassung - Versorgungsleitlinien.de
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Ausgangswerte bei symptomatischer Angst, starke Traitangst und eine Angststörung in <strong>de</strong>r<br />
Vorgeschichte prädiziert wer<strong>de</strong>n [946].<br />
Die Frage, welche Störung zuerst behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n sollte, ist nicht ein<strong>de</strong>utig zu beantworten.<br />
Entscheidungshilfen ergeben sich aus <strong>de</strong>r Symptompräsentation, also danach, welche Symptomatik<br />
im Vor<strong>de</strong>rgrund steht, <strong>de</strong>m zeitlichen Verlauf <strong>de</strong>r Symptome sowie <strong>de</strong>r Schwere <strong>de</strong>s <strong>de</strong>pressiven<br />
Syndroms [945]. Unter <strong>de</strong>n pharmakologischen Alternativen haben sich bei komorbi<strong>de</strong>r<br />
Angstspektrumsstörung und <strong>de</strong>pressiver Störung SSRI (v. a. Paroxetin und Sertralin) sowohl für<br />
Panikstörung, soziale Phobie, Zwangsstörung, generalisierte Angststörung und PTSD als auch in <strong>de</strong>r<br />
Reduzierung <strong>de</strong>pressiver Symptome als wirksam erwiesen. Der SSNRI Venlafaxin ist als wirksam<br />
nicht nur bei <strong>Depression</strong>en, son<strong>de</strong>rn auch bei sozialer Phobie, Generalisierter Angststörung und<br />
Panikstörung nachgewiesen, Clomipramin bei komorbi<strong>de</strong>r Zwangsstörung (vgl. [945].<br />
Auch KVT und IPT haben sich in Studien bzgl. <strong>de</strong>r Behandlung von <strong>Depression</strong> und komorbid<br />
vorliegen<strong>de</strong>r (insbeson<strong>de</strong>re generalisierter) Angststörungen als wirksam erwiesen ([947-950]. Zu<strong>de</strong>m<br />
gibt es Hinweise, dass die (augmentieren<strong>de</strong>) Ergänzung einer Pharmakotherapie durch eine KVT,<br />
v. a. bei Patienten mit chronischer und schwerer <strong>de</strong>pressiver Episo<strong>de</strong> und komorbi<strong>de</strong>r Angststörung,<br />
konsistent zu Verbesserungen führt [793] und das <strong>de</strong>pressive Rückfallrisiko stärker reduziert [951].<br />
Empfehlung/Statement<br />
3-57<br />
Bei Vorliegen von <strong>de</strong>pressiven Episo<strong>de</strong>n und komorbi<strong>de</strong>n Angststörungen sind<br />
sowohl Psychotherapie (empirische Belege liegen vor für KVT und IPT) als auch<br />
Pharmakotherapie (empirische Belege liegen vor für SSRIs und Venlafaxin)<br />
wirksame Behandlungsverfahren.<br />
Empfehlungsgrad<br />
Statement<br />
H 3.6.1.2 Alkoholabhängigkeit<br />
Ungefähr ein Drittel <strong>de</strong>r Patienten mit affektiven Störungen weist, auf die Lebenszeit bezogen, einen<br />
Substanzmissbrauch auf [67; 100]. Soyka und Lieb (2004) [952] berichten in einer Übersichtsarbeit,<br />
dass bei 24 % aller alkoholkranken Männer und sogar 48 % aller alkoholkranken Frauen<br />
<strong>Depression</strong>en auftreten. Da sowohl <strong>Depression</strong>en als auch Suchterkrankungen mit einer erhöhten<br />
Suizidalität einhergehen, ist hierauf beson<strong>de</strong>res Augenmerk zu richten. Gegebenfalls sind die<br />
entsprechen<strong>de</strong>n diagnostischen und therapeutischen Schritte einzuleiten.<br />
Abhängigkeitserkrankungen können auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n einer <strong>Depression</strong> („primäre <strong>Depression</strong>)<br />
entstehen und <strong>de</strong>pressive Syndrome können als Folge <strong>de</strong>r Abhängigkeitserkrankung („sekundäre<br />
<strong>Depression</strong>“) auftreten. Auch ein „zufälliges“ Vorkommen bei<strong>de</strong>r Erkrankungen ist möglich. Die<br />
Entwicklung einer sekundären <strong>de</strong>pressiven Symptomatik ist unter an<strong>de</strong>rem möglich als direkte Folge<br />
<strong>de</strong>r psychotropen Eigenschaften <strong>de</strong>s Suchtstoffes, als Teil eines Entzugssyndroms o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Nachwirkungen <strong>de</strong>s Rausches („Kater“), als psychosoziale Folge o<strong>de</strong>r als Folge <strong>de</strong>r organischen<br />
Schädigung <strong>de</strong>s Gehirns. Die Entwicklung einer Sucht aus einer primären <strong>Depression</strong> heraus ist zum<br />
Beispiel möglich als Folge einer ungeeigneten Selbstmedikation mit <strong>de</strong>m Suchtsstoff. Sekundäre<br />
<strong>de</strong>pressive Syndrome auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n einer primären Abhängigkeitserkrankung scheinen häufiger zu<br />
sein (bei 12-50 % <strong>de</strong>r Alkoholabhängigen), während primäre <strong>Depression</strong>en nur bei 2-12 % <strong>de</strong>r<br />
Alkoholabhängigen in <strong>de</strong>r Anamnese zu fin<strong>de</strong>n sind (Übersicht bei [952]).<br />
Die Diagnose einer <strong>de</strong>pressiven Störung kann erschwert sein, wenn gleichzeitig ein<br />
Substanzgebrauch vorliegt, weil eine Differenzierung zwischen <strong>de</strong>pressiven Symptomen, die sekundär<br />
nach Substanzmissbrauch auftreten, und vorbestehen<strong>de</strong>n affektiven Störungen kaum möglich ist, vor<br />
allem, wenn Patienten noch aktuell Substanzen konsumieren [953]. Eine substanzinduzierte<br />
<strong>de</strong>pressive Störung klingt typischerweise während fortgesetzter Abstinenz (in <strong>de</strong>r Regel zwei- bis vier<br />
Wochen) signifikant ab.<br />
Bei einer primären <strong>de</strong>pressiven Störung hingegen sollten die <strong>de</strong>pressiven Symptome stärker<br />
ausgeprägt und bereits vor <strong>de</strong>m Substanzmissbrauch aufgetreten sein und während <strong>de</strong>r Abstinenz<br />
persistieren. Eine anti<strong>de</strong>pressive pharmakologische o<strong>de</strong>r psychotherapeutische Behandlung ist bei<br />
Persistenz <strong>de</strong>pressiver Symptome entsprechend erst nach zwei- bis vierwöchiger Abstinenz sinnvoll<br />
[954].<br />
© 2009 147