Unipolare Depression Langfassung - Versorgungsleitlinien.de
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Der Beginn einer Behandlung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>pressiven Störung, wenn zugleich auch eine Essstörung vorliegt,<br />
unterliegt bestimmten Charakteristika: Patienten mit Bulimie und Anorexie zeigen in <strong>de</strong>r Regel erst<br />
eine typische Response auf eine anti<strong>de</strong>pressiva Medikation, wenn sie seit ca. ein- bis zwei Monaten<br />
Verbesserungen beim Ernährungszustand und <strong>de</strong>r Gewichtszunahme erfahren haben und diese<br />
aufrechterhalten können [962]. Bei Patienten, die <strong>de</strong>m so genannten „Purging-Typ“ angehören und<br />
selbstinduziert erbrechen bzw. abführen, ist die Absorption von Medikamenten reduziert.<br />
Entsprechend ist eine Voraussetzung auch für eine anti<strong>de</strong>pressive Medikation, dass keine<br />
Maßnahmen zum „Purging“ mehr stattfin<strong>de</strong>n [962].<br />
Patienten mit komorbi<strong>de</strong>r Bulimia nervosa und <strong>de</strong>pressiver Episo<strong>de</strong> zeigten auf eine Behandlung mit<br />
Fluoxetin eine signifikante Besserung sowohl bezüglich <strong>de</strong>r Depressivität als auch <strong>de</strong>s Essverhaltens<br />
[964; 965]. An<strong>de</strong>re Studien wie<strong>de</strong>rum zeigen, dass <strong>de</strong>r in Deutschland nicht zugelassene MAO-<br />
Hemmer Phenelzin bei Bulimia nervosa und komorbi<strong>de</strong>r <strong>Depression</strong> einen positiven Effekt auf die<br />
Häufigkeit <strong>de</strong>s „Binge eatings“ und die affektive Problematik bewirkt [966; 967]. Bezüglich <strong>de</strong>s<br />
Essverhaltens können Patienten mit komorbi<strong>de</strong>r Bulimia nervosa und <strong>de</strong>pressiver Episo<strong>de</strong> weniger gut<br />
auf eine anti<strong>de</strong>pressive Behandlung ansprechen als Patienten mit Bulimia nervosa ohne <strong>de</strong>pressive<br />
Episo<strong>de</strong> [968]. Obwohl es nicht generell notwendig ist, die Dosis auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>s Körpergewichts zu<br />
reduzieren, kann es bei manchen Patienten angeraten sein, eine geringere Dosis als üblich zu<br />
verordnen, wenn diese starke Nebenwirkungen wahrnehmen [962].<br />
Auch wenn psychotherapeutische Interventionen bei Essstörungen das Therapieverfahren <strong>de</strong>r Wahl<br />
sind, gibt es bislang keine Studien zur Psychotherapie bei Komorbidität von Essstörungen und<br />
<strong>de</strong>pressiven Störungen (vgl. [969]).<br />
Empfehlung/Statement<br />
3-61<br />
Zur Psychotherapie <strong>de</strong>r komorbi<strong>de</strong>n <strong>Depression</strong> bei Essstörungen existieren keine<br />
systematischen Untersuchungen, so dass über die störungsbezogenen<br />
Empfehlungen zur Behandlung <strong>de</strong>r Essstörungen und <strong>de</strong>r <strong>Depression</strong> hinaus keine<br />
evi<strong>de</strong>nzbasierten Empfehlungen bei dieser Komorbidität gegeben wer<strong>de</strong>n können.<br />
3-62<br />
Bei einer Komorbidität aus <strong>de</strong>pressiver Episo<strong>de</strong> und Bulimia nervosa kann eine<br />
Pharmakotherapie mit Fluoxetin zur Verbesserung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>pressiven Symptomatik<br />
angeboten wer<strong>de</strong>n.<br />
3-63<br />
Bei <strong>de</strong>r Pharmakotherapie <strong>de</strong>r <strong>Depression</strong> bei Essstörungen sollten<br />
substanzspezifische Effekte auf die jeweilige Essstörung beachtet wer<strong>de</strong>n, z. B.<br />
Gewichtszunahme unter Mirtazapin, Mianserin und sedieren<strong>de</strong>n trizyklischen<br />
Anti<strong>de</strong>pressiva, Übelkeit und Appetitreduktion unter SSRI. Eine Reduktion von<br />
Essattacken ist für Fluoxetin empirisch belegt.<br />
Empfehlungsgrad<br />
Statement<br />
Statement<br />
Statement<br />
H 3.6.1.4 Persönlichkeitsstörungen<br />
Zwischen <strong>de</strong>pressiven Störungen und Persönlichkeitsstörungen besteht verschie<strong>de</strong>nen Studien<br />
und Metaanalysen zufolge eine hohe, jedoch abhängig von <strong>de</strong>r Erfassungsmetho<strong>de</strong> und <strong>de</strong>n<br />
verwandten Kriterien stark variieren<strong>de</strong> Komorbidität in einer Häufigkeit von 6-87 % [103; 105; 970-<br />
978]. In klinischen Stichproben liegt die Komorbidität bei 30-40 %, wobei die am häufigsten<br />
berichteten komorbi<strong>de</strong>n Persönlichkeitsstörungen die ängstlich-vermei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>, die Bor<strong>de</strong>rline- und die<br />
paranoi<strong>de</strong> Persönlichkeitsstörung sind [979; 980].<br />
Ätiologische Vorstellungen gehen davon aus, dass Persönlichkeitsstörungen die Entwicklung einer<br />
<strong>Depression</strong> begünstigen bzw. eine individuelle Vulnerabilität darstellen. Darüber hinaus wird ein<br />
Übergang zwischen Persönlichkeitsstörungen und <strong>Depression</strong> postuliert, z. B. in Form chronischer<br />
<strong>de</strong>pressiver Störungen (vgl. [103; 685]. Zugleich bestehen auch Symptomüberlappungen bei<br />
<strong>de</strong>pressiven Störungen und Persönlichkeitsstörungen, so beispielsweise die emotionale Instabilität mit<br />
<strong>de</strong>pressiver Stimmung bei <strong>de</strong>r Bor<strong>de</strong>rline-Persönlichkeitsstörung bzw. affektive Labilität bei <strong>de</strong>r<br />
histrionischen Persönlichkeitsstörung, Gefühle von Min<strong>de</strong>rwertigkeit bei <strong>de</strong>r ängstlich-vermei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
© 2009 149