Unipolare Depression Langfassung - Versorgungsleitlinien.de
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H 3. Therapie<br />
H 3.1 Behandlungsziele und Einbezug von Patienten und<br />
Angehörigen<br />
H 3.1.1 Aufklärung, allgemeine Behandlungsziele und Wahl <strong>de</strong>r<br />
Behandlungsalternative<br />
Am Beginn <strong>de</strong>r Behandlung von Patienten mit <strong>de</strong>pressiven Störungen steht ein<br />
Aufklärungsgespräch. Dessen Ziel ist es, Hoffnung zu vermitteln und sie zu entlasten. Verständliche<br />
Informationen dienen dazu zu erklären, dass es für die Therapie <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n<br />
Erkrankungsepiso<strong>de</strong> bewährte und wirksame Behandlungsmöglichkeiten gibt. Eine Aufklärung kann<br />
schwierig sein, da <strong>de</strong>pressiv negativistisches Denken und <strong>de</strong>pressive Denkhemmung einem solchen<br />
Bemühen zuwi<strong>de</strong>rlaufen. Wichtig ist dann, <strong>de</strong>m Patienten zu vermitteln, dass es sich um eine<br />
Krankheit han<strong>de</strong>lt und ein zentrales Kennzeichen dieser Erkrankung das Gefühl darstellt, sich in<br />
einem unverän<strong>de</strong>rlichen Zustand zu befin<strong>de</strong>n (Verlust <strong>de</strong>r Zeitperspektive).<br />
Als allgemeine Behandlungsziele gelten für Patienten mit <strong>de</strong>pressiven Störungen [201; 248-257]:<br />
� die Symptome <strong>de</strong>r <strong>de</strong>pressiven Störung zu vermin<strong>de</strong>rn und letztlich eine vollständige Remission zu<br />
erreichen;<br />
� die Mortalität, insbeson<strong>de</strong>re durch Suizid zu verringern;<br />
� die berufliche und psychosoziale Leistungsfähigkeit wie<strong>de</strong>rherzustellen;<br />
� das seelische Gleichgewicht wie<strong>de</strong>r zu erreichen sowie<br />
� die Wahrscheinlichkeit für einen direkten Rückfall o<strong>de</strong>r eine spätere Wie<strong>de</strong>rerkrankung zu<br />
reduzieren.<br />
Während in Therapiestudien zumeist Verbesserungen auf Depressivitätsskalen das entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Remissionskriterium sind, sind für Patienten auch an<strong>de</strong>re Aspekte von großer Be<strong>de</strong>utung [257]. Über<br />
die Abwesenheit <strong>de</strong>pressiver Symptome hinaus sind insbeson<strong>de</strong>re eine allgemeine bejahen<strong>de</strong><br />
Lebenseinstellung (z. B. Optimismus, Vitalität, Selbstbewusstsein, Lebenswillen), die Rückkehr zum<br />
herkömmlichen psychosozialen Funktionsniveau, verbesserte Bewältigung von Alltagsstress und -<br />
verpflichtungen o<strong>de</strong>r auch eine verbesserte Beziehungsqualität zu engen Bezugspersonen als weitere<br />
spezifische Therapieziele be<strong>de</strong>utsam.<br />
Die Behandlung einer <strong>de</strong>pressiven Störung ist auf die Lin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>pressiven Symptome<br />
ausgerichtet, ggf. einschließlich <strong>de</strong>r Bearbeitung vorhan<strong>de</strong>ner, die Störung unterhalten<strong>de</strong>r psychischer<br />
Mechanismen und Verarbeitungen.<br />
Die Wahl <strong>de</strong>r geeigneten Behandlungsalternative richtet sich nach klinischen Faktoren, wie <strong>de</strong>r<br />
Symptomschwere und <strong>de</strong>m Erkrankungsverlauf sowie <strong>de</strong>r Patientenpräferenz. Grundsätzlich gibt es<br />
vier primäre Behandlungsstrategien:<br />
� aktiv-abwarten<strong>de</strong> Begleitung („watchful waiting“; vgl. Kapitel H 3.3 „Pharmakotherapie“);<br />
� medikamentöse Behandlung (vgl. Kapitel H 3.3 „Pharmakotherapie“);<br />
� psychotherapeutische Behandlung (vgl. Kapitel H 3.4 „Psychotherapie“);<br />
� Kombinationstherapie (vgl. Kapitel H 3.3 „Pharmakotherapie“ und H 3.4 „Psychotherapie“).<br />
Weitere Therapieverfahren, z. B. Elektrokrampftherapie, Lichttherapie o<strong>de</strong>r Wachtherapie, Sport- und<br />
Bewegungstherapie bzw. Ergotherapie ergänzen die Behandlungsmöglichkeiten. Weitere Verfahren<br />
(z. B. Künstlerische Therapien) wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Behandlung ebenfalls eingesetzt.<br />
H 3.1.2 Behandlungsphasen und phasenspezifische Behandlungsziele<br />
Bei einer leichten <strong>de</strong>pressiven Episo<strong>de</strong> kann mit <strong>de</strong>m Beginn <strong>de</strong>r Behandlung abgewartet wer<strong>de</strong>n,<br />
wenn die Patienten eine Behandlung ablehnen o<strong>de</strong>r man davon ausgehen kann, dass die <strong>de</strong>pressive<br />
Symptomatik sich ohne Therapie zurückbil<strong>de</strong>t („watchful waiting“ – „aktiv-abwarten<strong>de</strong><br />
Begleitung“). Jedoch sollte üblicherweise innerhalb <strong>de</strong>r nächsten bei<strong>de</strong>n Wochen eine erneute<br />
Überprüfung <strong>de</strong>r Symptomatik erfolgen [19]. Dieses Vorgehen bietet sich nicht an für Patienten, die<br />
eine komplexere primäre Behandlungsstrategie wünschen und bei <strong>de</strong>nen einen entsprechen<strong>de</strong><br />
© 2009 74