Unipolare Depression Langfassung - Versorgungsleitlinien.de
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Unter <strong>de</strong>n sozioökonomischen Faktoren korrelieren ein höheres Bildungsniveau und eine sichere<br />
berufliche Anstellung mit niedrigeren <strong>Depression</strong>sraten [61; 89]. So liegt die Zwölf-Monatsprävalenz<br />
von Personen aus <strong>de</strong>r unteren sozialen Schicht mit 16,4 % fast doppelt so hoch wie bei <strong>de</strong>njenigen<br />
aus hohen sozialen Schichten (8,8 %) [63]. Ähnliches gilt für <strong>de</strong>n Beschäftigungsstatus, bei <strong>de</strong>m<br />
Vollzeitberufstätige mit 9,1 % eine <strong>de</strong>utlich niedrigere <strong>Depression</strong>srate als Arbeitslose mit 20 %<br />
aufweisen [63]. Darüber hinaus haben Menschen, die in städtischer Umgebung und in<br />
Mietwohnungen leben, eine substanziell höhere <strong>Depression</strong>srate als diejenigen, die auf <strong>de</strong>m Land und<br />
in einem Eigenheim wohnen [89].<br />
H 1.2.3 Komorbi<strong>de</strong> psychische Störungen<br />
Komorbidität be<strong>de</strong>utet das gleichzeitige Vorhan<strong>de</strong>nsein min<strong>de</strong>stens zweier voneinan<strong>de</strong>r getrennter<br />
Erkrankungen. Depressive Störungen weisen eine hohe Komorbidität mit an<strong>de</strong>ren psychischen<br />
Störungen auf [90; 91]. Bezogen auf die letzten zwölf Monate vor <strong>de</strong>r Untersuchung liegt bei 60,7 %<br />
aller Patienten mit unipolaren <strong>de</strong>pressiven Störungen eine Komorbidität vor, darunter bei 24,1 % mit<br />
drei und mehr zusätzlichen Diagnosen [63]. Patienten mit komorbi<strong>de</strong>n Erkrankungen haben ein<br />
höheres Chronifizierungsrisiko, eine ungünstigere Prognose und ein erhöhtes Suizidrisiko [92].<br />
Beson<strong>de</strong>rs häufig zeigt sich eine Komorbidität mit Angst- und Panikstörungen [93]. Beinahe 50 %<br />
<strong>de</strong>rjenigen, die bezogen auf die Lebenszeit die Kriterien für eine <strong>de</strong>pressive Störung erfüllen, erfüllen<br />
auch die Kriterien für die Diagnose einer Angststörung [94-96]. Eine Komorbidität von <strong>Depression</strong> und<br />
Angst geht mit höherer Symptomschwere, Chronizität, höherer funktioneller Beeinträchtigung, höherer<br />
Suizidrate und einem geringeren Ansprechen auf medikamentöse Therapie einher [95; 97-99].<br />
Eine weitere häufige und prognostisch ungünstige Komorbidität besteht mit Alkohol-, Medikamenten-<br />
und Drogenabhängigkeit. Ein Drittel aller <strong>de</strong>pressiven Patienten weist, bezogen auf die Lebenszeit,<br />
einen Substanzmittelabusus in <strong>de</strong>r Anamnese auf. Bei Patienten mit einer Suchterkrankung liegt die<br />
Komorbidität mit <strong>de</strong>pressiven Störungen zwischen 30 % und 60 % [67; 94; 100]. Der hohe Anteil an<br />
<strong>Depression</strong>en bei Suchtkranken ist häufig eine sekundäre Folge <strong>de</strong>r Suchterkrankung [101].<br />
Auch Essstörungen, somatoforme Störungen, Persönlichkeitsstörungen sowie<br />
Zwangsstörungen weisen eine hohe Komorbidität mit <strong>de</strong>pressiven Störungen auf. Beispielsweise<br />
weisen 43 % <strong>de</strong>r Patientinnen mit einer Essstörung (Anorexia nervosa o<strong>de</strong>r Bulimia nervosa) eine<br />
komorbi<strong>de</strong> <strong>de</strong>pressive Störung auf [102]. In klinischen Studien wur<strong>de</strong>n Persönlichkeitsstörungen bei<br />
41-81 % <strong>de</strong>r <strong>de</strong>pressiven Patienten diagnostiziert; bei 35 % <strong>de</strong>r Patienten mit<br />
Persönlichkeitsstörungen war zusätzlich eine <strong>Depression</strong> vorhan<strong>de</strong>n [103; 104].<br />
Bei chronischen <strong>Depression</strong>en liegen als häufigste komorbi<strong>de</strong> Persönlichkeitsstörungen die ängstlichvermei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
(25,3 %) sowie die zwanghafte (18,1 %) und die selbstschädigen<strong>de</strong> (16 %) vor [105]. Die<br />
Anteile gleichzeitiger Diagnosen von Persönlichkeitsstörungen und einer <strong>de</strong>pressiven Episo<strong>de</strong> liegen<br />
bei 20-29 % für die Bor<strong>de</strong>rline- und die <strong>de</strong>pen<strong>de</strong>nte Persönlichkeitsstörung und bei 10-19 % für die<br />
selbstunsichere und die zwanghafte Persönlichkeitsstörung [106; 107].<br />
H 1.2.4 Komorbi<strong>de</strong> somatische Erkrankungen<br />
Die Wechselwirkungen zwischen körperlichen und seelischen Erkrankungen sind vielfältig und<br />
beson<strong>de</strong>rs für die <strong>Depression</strong> gut belegt. Zum einen sind schwere körperliche Erkrankungen häufig<br />
mit psychischen Belastungen verbun<strong>de</strong>n, die das Ausmaß einer behandlungsbedürftigen psychischen<br />
Störung erreichen können. Dabei ist dies nicht nur als eine psychische Reaktion auf die belasten<strong>de</strong><br />
Situation einer schwerwiegen<strong>de</strong>n körperlichen Erkrankung zu verstehen, son<strong>de</strong>rn es han<strong>de</strong>lt sich<br />
vielmehr um ein komplexes, interagieren<strong>de</strong>s Bedingungsgefüge von somatischer Erkrankung,<br />
angewandten Behandlungsmaßnahmen, individuellen Bewältigungsressourcen und<br />
psychischen Störungen [108]. Zum an<strong>de</strong>ren hat aber auch eine <strong>de</strong>pressive Störung erhebliche<br />
Auswirkungen auf <strong>de</strong>n körperlichen Allgemeinzustand <strong>de</strong>s Betroffenen. Das Ausmaß dieser<br />
körperlichen Beeinträchtigung – z. B. durch Schlafstörungen, Erschöpfung o<strong>de</strong>r allgemeine Schwäche<br />
– ist so hoch, dass <strong>Depression</strong>en diesbezüglich vergleichbar sind mit an<strong>de</strong>ren chronischen<br />
somatischen Erkrankungen wie Diabetes, Arthritis und Bluthochdruck [58; 109].<br />
Darüber hinaus zeigen epi<strong>de</strong>miologische Studien, dass <strong>de</strong>pressive Patienten ein erhöhtes Risiko<br />
für verschie<strong>de</strong>nste somatische Erkrankungen haben [110-113]. Eine WHO-Studie zeigte, dass das<br />
Risiko, an einer körperlichen Beeinträchtigung zu erkranken, ein Jahr nach einer <strong>de</strong>pressiven<br />
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