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Unipolare Depression Langfassung - Versorgungsleitlinien.de

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Schlafstörungen äußern sich bei <strong>de</strong>pressiven Patienten am häufigsten in Form von Schlaflosigkeit.<br />

Typischerweise treten Durchschlafstörungen und Früherwachen auf; es sind aber auch<br />

Einschlafstörungen möglich, während vermehrter Schlaf tagsüber o<strong>de</strong>r in Form verlängerten<br />

Nachtschlafs (Hypersomnie) selten ist.<br />

Vermin<strong>de</strong>rter Appetit drückt sich bei einer <strong>de</strong>pressiven Episo<strong>de</strong> so aus, dass sich die Betroffenen<br />

zum Essen regelrecht zwingen müssen. Sind diese Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Appetits stark ausgeprägt,<br />

kann es zu erheblichem Gewichtsverlust kommen.<br />

Subtypisierung: Somatisches Syndrom und psychotische Symptome<br />

In <strong>de</strong>r ICD-10 kann bei leichten- bzw. mittelgradigen <strong>de</strong>pressiven Episo<strong>de</strong>n auch klassifiziert wer<strong>de</strong>n,<br />

ob zusätzlich zu <strong>de</strong>n Haupt- und Zusatzsymptomen ein somatisches Syndrom vorliegt. Typische<br />

Merkmale <strong>de</strong>s somatischen Syndroms sind:<br />

1. Interessenverlust o<strong>de</strong>r Verlust <strong>de</strong>r Freu<strong>de</strong> an normalerweise angenehmen Aktivitäten;<br />

2. mangeln<strong>de</strong> Fähigkeit, auf eine freundliche Umgebung o<strong>de</strong>r freudige Ereignisse emotional zu<br />

reagieren;<br />

3. frühmorgendliches Erwachen; zwei o<strong>de</strong>r mehr Stun<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>r gewohnten Zeit;<br />

4. Morgentief;<br />

5. <strong>de</strong>r objektive Befund einer psychomotorischen Hemmung o<strong>de</strong>r Agitiertheit;<br />

6. <strong>de</strong>utlicher Appetitverlust;<br />

7. Gewichtsverlust, häufig mehr als 5 % <strong>de</strong>s Körpergewichts im vergangenen Monat;<br />

8. <strong>de</strong>utlicher Libidoverlust.<br />

Die <strong>Depression</strong> mit somatischem Syndrom entspricht <strong>de</strong>r Form nach <strong>de</strong>r <strong>de</strong>pressiven Störung, die<br />

früher als „endogen“, „autonom“ o<strong>de</strong>r „psychotisch“ bezeichnet wur<strong>de</strong>. In <strong>de</strong>r ICD-10 wird das als<br />

„somatisch“ bezeichnete Syndrom synonym auch als „melancholisch“, „vital“, „biologisch“ o<strong>de</strong>r<br />

„endogenomorph“ benannt, wobei die wissenschaftliche Absicherung dieses Syndroms fragwürdig<br />

bleibt. Die Subklassifizierung „mit somatischem Syndrom“ liefert allerdings wichtige Anhaltspunkte für<br />

die klinische Diagnose und differenzielle Therapie, weil die <strong>de</strong>pressiven Patienten mit somatischem<br />

Syndrom vergleichsweise stärker zur Entwicklung psychotischer Symptome neigen und vermehrt<br />

suizidgefähr<strong>de</strong>t sind [93].<br />

Zu<strong>de</strong>m haben <strong>Depression</strong>en mit somatischem Syndrom die Eigenschaft, sich eher von<br />

psychosozialen Faktoren abzukoppeln und zu verselbständigen bzw. sich an chronobiologische<br />

Rhythmen anzukoppeln (häufigeres Auftreten im Frühjahr und Herbst). Außer<strong>de</strong>m kann sich die<br />

<strong>Depression</strong> mit somatischem Syndrom in extremer Ausprägung in einem sehr raschen Wechsel von<br />

<strong>de</strong>pressiver Stimmung mit normaler Gestimmtheit (z. B. in einem 48-Stun<strong>de</strong>n-Rhythmus), wobei<br />

dieses Phänomen so stark chronobiologisch <strong>de</strong>terminiert sein kann, dass es auch unter Isolation von<br />

äußeren Zeitgebern fortbestehen kann [93; 208-210].<br />

Der Interessenverlust bzw. <strong>de</strong>r Verlust von Freu<strong>de</strong> an normalerweise angenehmen Aktivitäten sowie<br />

die fehlen<strong>de</strong> emotionale Reagibilität auf eine freundliche Umgebung o<strong>de</strong>r freudige Ereignisse sind das<br />

Hauptmerkmal einer <strong>de</strong>pressiven Episo<strong>de</strong> mit somatischem Syndrom. Darüber hinaus müssen<br />

min<strong>de</strong>stens zwei (bei Erfüllung bei<strong>de</strong>r Hauptmerkmale) bzw. drei (bei Erfüllung eines Hauptmerkmals)<br />

<strong>de</strong>r weiteren Symptome frühmorgendliches Erwachen, Morgentief, objektive psychomotorische<br />

Hemmung o<strong>de</strong>r Agitiertheit, Appetitverlust, Gewichtsverlust sowie <strong>de</strong>utlicher Libidoverlust erfüllt sein.<br />

Ferner kann bei Vorliegen <strong>de</strong>r Kriterien für eine schwere <strong>de</strong>pressive Episo<strong>de</strong> zusätzlich codiert<br />

wer<strong>de</strong>n, inwieweit psychotische Symptome in <strong>de</strong>r gegenwärtigen Episo<strong>de</strong> additiv gegeben sind<br />

(F 32.2 ohne psychotische Symptome bzw. F32.3 mit psychotischen Symptomen). Hierunter fallen<br />

Wahni<strong>de</strong>en, Halluzinationen o<strong>de</strong>r ein <strong>de</strong>pressiver Stupor. Wahn und Halluzinationen stimmen zumeist<br />

mit <strong>de</strong>pressiven Themen überein und sind daher stimmungskongruent (synthyme psychotische<br />

Phänomene); seltener sind sie stimmungsinkongruent (z. B. in Form von Verfolgungswahn) und zu<br />

<strong>de</strong>n <strong>de</strong>pressiven Inhalten unpassend (parathyme psychotische Phänomene).<br />

� Wahni<strong>de</strong>en schließen gewöhnlich I<strong>de</strong>en <strong>de</strong>r Versündigung, Verarmung o<strong>de</strong>r einer<br />

bevorstehen<strong>de</strong>n Katastrophe, für die sich <strong>de</strong>r Patient verantwortlich fühlen könnte, ein. Sie können<br />

aber auch in Form von hypochondrischem Wahn (Überzeugung, unheilbar krank zu sein),<br />

nihilistischem Wahn (Überzeugung, innerlich bereits tot und/o<strong>de</strong>r in einem Totenreich zu sein)<br />

© 2009 61

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