Unipolare Depression Langfassung - Versorgungsleitlinien.de
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3-38<br />
Grundlage je<strong>de</strong>r psychotherapeutischen Intervention sollte die Entwicklung und die<br />
Aufrechterhaltung einer tragfähigen therapeutischen Beziehung sein, <strong>de</strong>ren Qualität<br />
in <strong>de</strong>r Regel zum Behandlungserfolg beiträgt.<br />
Neben <strong>de</strong>r therapeutischen Beziehung, die <strong>de</strong>r am besten abgesicherte allgemeine Wirkfaktor von<br />
Psychotherapie ist (vgl. [659; 660]), wer<strong>de</strong>n noch weitere Faktoren empirisch gestützt, die die<br />
Wirksamkeit und Wirkung psychotherapeutischer Interventionen erklären [55; 57; 659; 661-666]:<br />
� Wirkfaktor Ressourcenaktivierung: Individuelle Merkmale und Eigenschaften, die Patienten in<br />
die Therapie einbringen, wer<strong>de</strong>n als positive Ressourcen für das therapeutische Vorgehen<br />
genutzt. Psychotherapie nutzt also zur Problembewältigung vorhan<strong>de</strong>ne motivationale<br />
Bereitschaften und Fähigkeiten <strong>de</strong>r Patienten.<br />
� Wirkfaktor Problemaktualisierung: Schwierigkeiten, die in <strong>de</strong>r Therapie verän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n<br />
sollen, wer<strong>de</strong>n durch psychotherapeutische Interventionen <strong>de</strong>m Patienten unmittelbar erfahrbar<br />
gemacht. Z. B. wer<strong>de</strong>n reale Situationen aufgesucht o<strong>de</strong>r hergestellt (Verhaltenstherapie),<br />
Personen in die Therapie einbezogen, die an <strong>de</strong>n Problemen beteiligt sind (u. a. Familien-,<br />
Paartherapie), o<strong>de</strong>r die therapeutische Beziehung und die in ihr auftreten<strong>de</strong>n Konflikte und<br />
Gefühle genutzt (psychodynamische/psychoanalytische Therapie).<br />
� Wirkfaktor Problembewältigung: Patienten wer<strong>de</strong>n im Rahmen von Psychotherapie mit<br />
bewährten problemspezifischen Maßnahmen o<strong>de</strong>r konfliktorientierten Beziehungsangeboten aktiv<br />
han<strong>de</strong>lnd o<strong>de</strong>r emotional verstehend darin unterstützt, positive Bewältigungserfahrungen im<br />
Umgang mit ihren Problemen im Sinne einer korrigieren<strong>de</strong>n emotionalen Erfahrung zu machen.<br />
� Wirkfaktor motivationale Klärung: Therapien för<strong>de</strong>rn mit geeigneten Maßnahmen das Ziel, dass<br />
Patienten Einsichten in ihr konflikthaftes Erleben und Verhalten gewinnen (z. B. För<strong>de</strong>rung von<br />
Introspektion und Selbstreflektionsfähigkeit, Konfrontation mit und Deutung von<br />
Abwehrmechanismen, Hinweis auf und Verän<strong>de</strong>rung von dysfunktionellen Kognitionen und<br />
Beziehungsmustern).<br />
H 3.4.1.2 Weitere Einflussfaktoren in <strong>de</strong>r Psychotherapie<br />
Studien belegen, dass manche <strong>de</strong>pressive Patienten innerhalb einer Therapie rascher Fortschritte<br />
machen als an<strong>de</strong>re [45; 667]. Diese Wirkungs- und Wirksamkeitsunterschie<strong>de</strong> gehen u. a. darauf<br />
zurück, dass sich <strong>de</strong>pressive Patienten erheblich hinsichtlich ihrer Persönlichkeit, ihrer prämorbi<strong>de</strong>n<br />
Belastungen und Lebensgeschichten (z. B. sexueller Missbrauch, Traumatisierung, Verlusterlebnisse),<br />
ihrer kulturellen Hintergrün<strong>de</strong>, ihrer Fähigkeit und Bereitschaft zur selbstreflexiven<br />
Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit innerpsychischen Vorgängen und <strong>de</strong>ren lebensgeschichtlichem Hintergrund<br />
(„psychological min<strong>de</strong>dness“), ihren psychosozialen Kompetenzen und ihren gegenwärtigen sozialen<br />
und beziehungsbezogenen Problemen unterschei<strong>de</strong>n [668]. An<strong>de</strong>re Studien zeigten, dass Patienten,<br />
die perfektionistisch <strong>de</strong>nken [669] o<strong>de</strong>r feindselig dominant [670] o<strong>de</strong>r in hohem Maße selbstkritisch<br />
sind [671], von Psychotherapien mit studienbedingt begrenzter Dauer weniger gut profitieren.<br />
Ohne ein spezifisches therapeutisches Eingehen auf diese (teils komorbi<strong>de</strong>n) Belastungsfaktoren o<strong>de</strong>r<br />
Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>r Persönlichkeit o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Verarbeitungsmechanismen besteht die Gefahr, dass<br />
Patienten sich nicht hinreichend verstan<strong>de</strong>n fühlen und sie die Therapie unter Umstän<strong>de</strong>n auch<br />
abbrechen bzw. geringere Wirksamkeitsgra<strong>de</strong> erzielt wer<strong>de</strong>n.<br />
Be<strong>de</strong>utsam sind auf Seiten <strong>de</strong>r Patienten auch ihre subjektiven Krankheitsvorstellungen und die für<br />
sie daraus folgen<strong>de</strong>n Behandlungserwartungen. Das vom Therapeuten unterbreitete<br />
Behandlungsangebot muss hiermit in gewisser Passung stehen, damit eine tragfähige therapeutische<br />
Beziehung zustan<strong>de</strong> kommen kann [231; 659; 672-674]. Dies zeigt die Notwendigkeit weiterer<br />
differenzieller Effektforschung, um systematische Hinweise auf patientenseitige Einflussfaktoren zu<br />
fin<strong>de</strong>n.<br />
Ein weiterer gemeinsamer Einflussfaktor <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Psychotherapieansätze ist die<br />
Therapeutenvariable. Therapeuten unterschei<strong>de</strong>n sich hinsichtlich ihrer Persönlichkeit, ihrer Werte<br />
und ihrer Auffassungen etwa darüber, wie <strong>de</strong>pressive Störungen entstehen und behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n<br />
können (Störungs- und Verän<strong>de</strong>rungswissen), und diese Faktoren können das Behandlungsergebnis<br />
beeinflussen [675].<br />
© 2009 114<br />
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