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Unipolare Depression Langfassung - Versorgungsleitlinien.de

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H 3.6.2.5 Demenz bzw. Morbus Parkinson<br />

Die Häufigkeitsangaben zu <strong>de</strong>pressiven Symptomen und Syndromen bei Demenz schwanken<br />

stark, was auch von <strong>de</strong>r Untersuchungsmetho<strong>de</strong> abhängt [88; 132]. Die verschie<strong>de</strong>nen Schweregra<strong>de</strong><br />

scheinen etwa gleich häufig zu sein (sehr wenige <strong>de</strong>pressive Symptome: 51 %; leicht: 27 %;<br />

mittelgradig- bis schwer: 22 %, [1103]). Eine <strong>de</strong>pressive Episo<strong>de</strong> entwickeln am ehesten die<br />

Demenzkranken, die in <strong>de</strong>r Vorgeschichte o<strong>de</strong>r familiär bereits mit <strong>Depression</strong>en belastet sind [1104].<br />

Eher häufiger, nämlich mit Prävalenzangaben von bis zu 50 %, fin<strong>de</strong>n sich <strong>Depression</strong>en bei<br />

vaskulären und neuro<strong>de</strong>generativen Hirnerkrankungen, die subkortikale Funktionskreise<br />

beeinträchtigen. Dies gilt vor allem für <strong>de</strong>n Morbus Parkinson und die vaskuläre Demenz bzw. die<br />

<strong>Depression</strong> nach Schlaganfall [127; 1105]. Hierfür wird mitunter auch <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>r „subkortikalen<br />

Demenz“ verwen<strong>de</strong>t [1106; 1107]. Gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n letzten Jahren wur<strong>de</strong> auch versucht, eine „vaskuläre<br />

<strong>Depression</strong>“ zu konzeptualisieren [130].<br />

Das Wechselspiel von Demenz und <strong>Depression</strong> ist komplex und in <strong>de</strong>r Vergangenheit auch durch die<br />

Pseudo<strong>de</strong>menzdiskussion, in <strong>de</strong>r Faktoren wie z. B. Reversibilität und rein funktional versus rein<br />

somatisch eine wesentliche Rolle spielen, gekennzeichnet [1108]. Nach einer neuen Metaanalyse<br />

erhöht eine <strong>Depression</strong> in <strong>de</strong>r Vorgeschichte das Risiko, später an einer Alzheimer-Demenz zu<br />

erkranken [133]. Gleichzeitig erhöht eine hirnorganische Erkrankung das Risiko für eine <strong>Depression</strong><br />

[128]. Eine <strong>de</strong>pressive Störung kann ein Prodrom einer <strong>de</strong>menziellen Erkrankung sein. <strong>Depression</strong>en<br />

mit Erstmanifestation im höheren Lebensalter sowie kognitiven Störungen in <strong>de</strong>r <strong>Depression</strong> zeigen in<br />

<strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Jahren eine hohe Konversionsrate in eine Demenz (z. B. [1109]). Einige Symptome <strong>de</strong>r<br />

beginnen<strong>de</strong>n Demenz zeigen eine erhebliche Überlappung mit einem <strong>de</strong>pressiven Syndrom, vor allem<br />

Apathie, sozialer Rückzug, affektive Labilität und Gewichtsabnahme [1110]. Studien zeigen im Vorlauf<br />

<strong>de</strong>r Alzheimer-Demenz auch eine erhöhte Suizidalität [1109; 1111].<br />

Die Differentialdiagnose zwischen einer beginnen<strong>de</strong>n Demenz und einer <strong>Depression</strong> kann schwierig<br />

sein. Gera<strong>de</strong> in diesem Feld fin<strong>de</strong>t sich dann oft ein „Nihilismus“, bei <strong>de</strong>m we<strong>de</strong>r angemessen<br />

diagnostiziert noch therapiert wird. Dabei sollte in je<strong>de</strong>m Fall eine Differenzialdiagnostik sowohl <strong>de</strong>r<br />

Demenz als auch <strong>de</strong>r <strong>Depression</strong> erfolgen (vgl. Kapitel H 2.3 „Differenzialdiagnostik“). Die Diagnose<br />

einer <strong>de</strong>pressiven Episo<strong>de</strong> sollte auf die Symptome nie<strong>de</strong>rgedrückte, <strong>de</strong>pressive Stimmung,<br />

reduziertes Selbstwertgefühl, Hoffnungslosigkeit, Beschäftigung mit <strong>de</strong>m Tod und <strong>de</strong>m Sterben und<br />

Suizidgedanken fokussieren und gleichzeitig auch eine ausreichen<strong>de</strong> zeitliche Stabilität <strong>de</strong>r<br />

Symptome einbeziehen [1112; 1113]. Auch bei Zweifeln sollte ein anti<strong>de</strong>pressiver<br />

Behandlungsversuch unternommen wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ssen Wirksamkeit auch zur diagnostischen Klärung<br />

beiträgt. Auch ein Anti<strong>de</strong>mentivaeinsatz (Cholinesterasehemmer) kann – zusätzlich – zur Besserung<br />

beitragen [1114-1117].<br />

Die Behandlung <strong>de</strong>r <strong>Depression</strong> bei Patienten mit einer Demenz trägt zur Verbesserung <strong>de</strong>r<br />

kognitiven Funktionen bei und kann einen positiven Einfluss auf die Lebensqualität und <strong>de</strong>n<br />

Funktionsstatus haben [1118; 1119]. Allerdings gibt es bis heute nur wenige methodisch gute<br />

Studien zur Pharmakotherapie <strong>de</strong>r <strong>Depression</strong> bei Demenz [621].<br />

In einer Cochrane-Analyse wur<strong>de</strong>n Studien, die Clomipramin, Imipramin, Citalopram und Sertralin<br />

sowie Moclobemid im Zeitraum von 1989-2000 untersucht hatten, ausgewertet. Das Vorliegen einer<br />

Demenz wur<strong>de</strong> in verschie<strong>de</strong>nen Studien mit einer geringeren Responserate auf SSRI in Verbindung<br />

gebracht, wenn Patienten mit Demenz mit <strong>de</strong>pressiven Patienten ohne Demenz verglichen wur<strong>de</strong>n<br />

[1120; 1121]. Die Auswahl eines Anti<strong>de</strong>pressivums bei Dementen muss in je<strong>de</strong>m Fall das<br />

anticholinerge Nebenwirkungspotential und damit die potenzielle Induktion eines Delires o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

weiteren Verschlechterung <strong>de</strong>r kognitiven Funktionen mit berücksichtigen [1122; 1123].<br />

Zusammengefasst ist es schon aufgrund pathophysiologischer Überlegungen plausibel, bei Vorliegen<br />

einer Demenz generell vom Einsatz von (anticholinergen) Trizyklika abzusehen [1124].<br />

Die anticholinerge Potenz von Amitriptylin wie<strong>de</strong>rum wird gewünscht, wenn <strong>de</strong>rzeit diese Substanz als<br />

Mittel <strong>de</strong>r Wahl bei <strong>Depression</strong> bei Parkinson-Krankheit (ohne Demenz) empfohlen wird [1125].<br />

Untersucht wur<strong>de</strong>n hiefür auch Nortriptylin und SSRI wie Sertralin und Paroxetin. Dennoch bemängelt<br />

auch hier die Cochrane-Analyse die schlechte Datenlage [1126].<br />

Die anti<strong>de</strong>pressive Wirksamkeit von EKT bei Patienten mit Demenz und komorbi<strong>de</strong>r <strong>de</strong>pressiver<br />

Störungen ist bislang kaum untersucht. In einer Studie an 31 Patienten mit überwiegend vaskulärer<br />

Demenz komplizierten bei 49 % <strong>de</strong>lirante Zustän<strong>de</strong> die Behandlung [1127]. Auch hier ist die<br />

Datenbasis noch unzureichend [840].<br />

© 2009 160

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