Inhaltsverzeichnis - MIK NRW - Landesregierung Nordrhein-Westfalen
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Große Anfrage 1 der Fraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen 102<br />
Das Bundesverfassungsgericht hatte bislang vier Parteiverbotsverfahren durchzuführen. Auf<br />
Antrag der Bundesregierung wurden in den 50er Jahren zwei politische Parteien verboten:<br />
Verbot der „Sozialistischen Reichspartei“ (SRP) am 23.10.1952, BVerfGE 2, 1-79; Verbot der<br />
„Kommunistischen Partei Deutschlands“ (KPD) am 17.08.1956, BVerfGE 5, 85-393;<br />
Die Anträge aus den 90er Jahren (Gruppierung „Nationale Liste“ – NL -, Antrag des Hamburger<br />
Senats auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit, BVerfGE 91, 262-275;<br />
Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP), Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit,<br />
BVerfGE 91, 276-294) sind beide als unzulässig zurückgewiesen worden. Das<br />
Bundesverfassungsgericht hat in beiden Fällen den Parteienstatus als nicht gegeben angesehen.<br />
Da die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur SRP sowie zur KPD damit nach<br />
wie vor die einzigen Entscheidungen sind, bei denen sich das Bundesverfassungsgericht mit<br />
den inhaltlichen Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 GG auseinander zu setzen hatte, sind<br />
diese Entscheidungen eine Richtschnur für weitere Prüfverfahren.<br />
Nur politische Parteien fallen unter das Entscheidungsmonopol des Art. 21 Abs. 1 GG. Nach<br />
§ 2 Abs. 1 Satz 1 Parteiengesetz sind Parteien<br />
„Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des<br />
Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und an<br />
den Vertretungen des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken<br />
wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse,<br />
insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer<br />
Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr<br />
für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten.“<br />
Antragsberechtigt im Verfahren sind der Bundestag, der Bundesrat und die Bundesregierung<br />
(§ 43 Abs. 1 BVerfGG). Dieses Antragsrecht ist unabhängig von der räumlichen Ausdehnung<br />
der betreffenden Partei. Den <strong>Landesregierung</strong>en ist das Antragsrecht gegen Parteien eingeräumt,<br />
deren Organisation sich auf das Gebiet ihres Landes beschränkt (§ 43 Abs. 2<br />
BVerfGG).<br />
Das Bundesverfassungsgericht prüft, ob die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 2 GG vorliegen.<br />
Bei dem Kriterium „Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen<br />
Grundordnung“ hat das Bundesverfassungsgericht in den stattgegebenen Entscheidungen<br />
als zusätzliches Tatbestandsmerkmal entwickelt, dass von der betreffenden Partei verfassungsfeindliche<br />
Bestrebungen aktiv-kämpferisch und aggressiv verfolgt werden.<br />
Es ist im Übrigen anerkannt, dass als ungeschriebener Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz<br />
zu berücksichtigen ist.<br />
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass als maßgebliche Orientierung für die Prüfung eines<br />
Parteiverbots grundsätzlich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum<br />
Verbot der SRP und der KPD abzustellen ist. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden,<br />
dass das Bundesverfassungsgericht heutzutage unter Berücksichtigung eines erweiterten<br />
Verständnisses der Meinungsfreiheit und unter Berücksichtigung des heute als stabil zu bezeichnenden<br />
demokratischen Systems in der Bundesrepublik Deutschland die<br />
Anforderungen für ein Parteiverbot höher setzen könnte als zum Zeitpunkt der damaligen<br />
Rechtsprechung.<br />
3.3 Welche konkreten Organisationsverbote sind in <strong>NRW</strong> seit 1949 ausgesprochen<br />
worden?<br />
In <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> sind vor dem Inkrafttreten des Vereinsgesetzes im Jahr 1965 zahlreiche<br />
rechts- und linksextremistische Vereine verboten worden, die gegen die<br />
verfassungsmäßige Ordnung verstießen oder sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung<br />
richteten.<br />
Die Verbote erfolgten jeweils im gesamten Bundesgebiet durch die damals zuständigen Länder.