Inhaltsverzeichnis - MIK NRW - Landesregierung Nordrhein-Westfalen
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Große Anfrage 1 der Fraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen 65<br />
geringer Trost, dass tendenziell mit besserer Bildung und niedrigerem Alter antisemitische<br />
Vorurteile seltener vorkommen (Bergmann/Erb, a.a.O., Seiten 229 ff. - 236 -), da auch bei<br />
jungen Menschen das antisemitische Einstellungsniveau partiell recht hoch ist, wie eine vergleichende<br />
Umfrage bei Jugendlichen in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> und Brandenburg (Schülern<br />
und Auszubildenden) deutlich machte (a.a.O., Seiten 218/219). Insbesondere von den Auszubildenden<br />
waren über 20 % antisemitischen Vorurteilen zugeneigt (in Brandenburg noch<br />
höhere Werte, dabei scheinen in Ostdeutschland bei ganz jungen Menschen die antisemitischen<br />
Vorurteile wieder zuzunehmen, a.a.O., Seite 237).<br />
Solche Vorurteile werden mitunter im Gefolge bestimmter öffentlicher Debatten wie zur<br />
Zwangsarbeiterentschädigung und zum Holocaust-Denkmal virulent. Z. B. machen sich dann<br />
Stimmen breit, die die Zwangsarbeiterentschädigung, die ja nur ein höchst unvollkommener<br />
Ausgleich für die tatsächlichen erduldeten Leiden sein kann, nur als Produkt "jüdischer Erpressung"<br />
sehen. Häufig richten sich dann auch Unwillen und regelrechte Hassausbrüche<br />
gegen jüdische Organisationen und deren führende Repräsentanten wie Herrn Paul Spiegel<br />
und Herrn Michel Friedman. So äußerte sich beispielsweise der Präsident des Zentralrats<br />
der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, in einem Interview des Bonner Generalanzeigers<br />
vom 23./24. Dezember 2000 wie folgt:<br />
"... Der Antisemitismus stellt sich in den vergangenen Monaten in einer enthemmten<br />
Art und Weise dar, die Sie sich gar nicht vorstellen können. Ich spreche nicht von anonymen<br />
Briefen, ich spreche von Briefen mit voller Namensnennung, von E-Mails,<br />
von öffentlichen Veranstaltungen. Der Antisemitismus grassiert mittlerweile in elitären<br />
Zirkeln. Man wirft mir in der feinen Gesellschaft, nicht am Stammtisch vor, dass die<br />
Juden Deutschland wieder aussaugten, weil sie das Mahnmal forderten oder jetzt die<br />
Entschädigungszahlungen. Die interessiert gar nicht, dass wir das Mahnmal nicht verlangt<br />
haben, oder dass nur 15 % der entschädigungsberechtigten Zwangsarbeiter<br />
Juden sind."<br />
Die voranstehenden Ausführungen machen deutlich, dass der Antisemitismus und die zum<br />
Teil weit verbreiteten antisemitischen Vorurteile über den Bereich des Rechtsextremismus<br />
hinaus eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen und ein ernstes Problem darstellen.<br />
1.13.2 Welche Organisationen und Gruppierungen mit antisemitischen Ideologien sind<br />
in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> aktiv und wie viele Mitglieder haben sie?<br />
Wie bereits zu Frage 1.13.1 ausgeführt, ist Antisemitismus ein Ideologieelement, welches<br />
fast allen rechtsextremistischen Strömungen und Organisationen inhärent ist. Insofern kann<br />
hinsichtlich der Organisationen und Gruppierungen auf die Antwort zu Frage 1.2 und hinsichtlich<br />
der Mitgliederzahl auf die Antwort zu Frage 1.1.1 verwiesen werden.<br />
1.13.3 Welche Organisationen oder Publikationen außerhalb des organisierten<br />
Rechtsextremismus schüren Antisemitismus oder antisemitische Vorurteile wie etwa<br />
die EAP (Bürgerbewegung Solidarität) mit ihren antizionistischen Verschwörungstheorien?<br />
Neben den rechtsextremistischen Organisationen sind noch Organisationen aus dem Bereich<br />
des Ausländerextremismus zu nennen. Zu nennen sind hier islamisch-extremistische<br />
Organisationen.<br />
Nahezu alle der auch in <strong>NRW</strong> agierenden islamisch-extremistischen (islamistischen) Organisationen<br />
haben eine antisemitisch bzw. antijüdisch geprägte Grundeinstellung. Für die<br />
vermeintliche wirtschaftliche und kulturelle Unterdrückung der islamischen Länder machen<br />
diese Organisationen eine Weltverschwörung zwischen westlichem Imperialismus und Weltjudentum<br />
verantwortlich. Hinzu kommt, dass die Anhänger islamistischer Organisationen in<br />
<strong>NRW</strong> überwiegend türkischer, arabischer oder iranischer Herkunft sind und die Staatsgründung<br />
Israels inmitten der islamischen Kernländer als unrechtmäßige Annexion<br />
palästinensischen Gebiets ansehen.<br />
Die mehr oder minder ausgeprägte antisemitische Haltung islamistischer Gruppen wird allerdings<br />
in der Öffentlichkeit in <strong>NRW</strong> kaum wahrgenommen, da die meisten entlarvenden Texte