Inhaltsverzeichnis - MIK NRW - Landesregierung Nordrhein-Westfalen
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Große Anfrage 1 der Fraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen 49<br />
Da der Skinhead-Szene häufig feste organisatorische Strukturen fremd sind (Ausnahme war<br />
die "Blood and Honour"-Bewegung) und oft nur lose Zirkel existieren, sind für die Skinhead-<br />
Szene Musikveranstaltungen von hoher Bedeutung. Sie bieten die Möglichkeit zusammenzukommen,<br />
Kontakte zu knüpfen und das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Bei solchen<br />
Konzerten darf auch die Wirkung der Musik als Mittel der Indoktrination nicht unterschätzt<br />
werden. Hierbei spielen nicht nur die rechtsextremistisch geprägten Liedtexte eine Rolle,<br />
sondern auch die Begleitumstände von Bandauftritten, die häufig mit dem Ausführen des<br />
"Hitler-Grußes" oder dem Schwenken der Reichskriegsflagge im Publikum einhergehen.<br />
Zwischen den Bands und ihren Zuhörern besteht häufig ein Art Arbeitsteilung mit der Maßgabe,<br />
dass die Bands bestimmte Textpassagen an das Auditorium abgeben. Während z. B.<br />
die Band vorgibt "... machen die Straßen" soll die letzte Textpassage, nämlich "türkenfrei"<br />
durch die Zuhörerschaft gesungen werden. So entsteht eine Art Wechselgesang, ein Grundprinzip<br />
von Massenstimulation.<br />
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Musik für den Zusammenhang und Zusammenhalt<br />
der Skinhead-Szene von ganz entscheidender Bedeutung ist. Andere Kultur- oder<br />
Musikformen spielen in der Skinhead-Szene kaum eine Rolle. Dies gilt auch für Heimat- oder<br />
Volkslieder. Allenfalls lassen sich einige Skinheads noch dazu bewegen, einen Balladenabend<br />
mit dem NPD-Vorzeigesänger Frank Rennicke zu besuchen. Typisch ist ein solches<br />
Verhalten für die Skinhead-Szene aber nicht.<br />
In der stärker politisierten Neonazi-Szene spielt Kultur oder Musik eine erheblich geringere<br />
Rolle. (Anmerkung: Es wird davon ausgegangen, dass mit Kameradschaftsvereinen im Sinne<br />
der Fragestellung die "Kameradschaftsszene" des Neonazi-Spektrums angesprochen<br />
wird.). Auf geschlossenen Saalveranstaltungen der Neonazi-Szene wird teilweise altes NS-<br />
Liedgut angestimmt oder es werden alte Heimatlieder gesungen; Skinhead-Musik wird bei<br />
diesen Saalveranstaltungen oder auf Demonstrationen in aller Regel nicht abgespielt. Obgleich<br />
das gemeinsame Absingen von Liedern bekanntermaßen das<br />
Zusammengehörigkeitsgefühl stärkt, sind solche Gesangseinlagen nicht der Regelfall. Neonazis<br />
besuchen zudem gelegentlich Balladenabende beispielsweise mit dem bereits<br />
genannten Frank Rennicke. In seltenen Ausnahmefällen konnte auch beobachtet werden,<br />
dass auf Veranstaltungen der Neonazi-Szene selbst verfasste Gedichte vorgetragen wurden.<br />
Eine gewisse Rolle in der Neonazi-Szene spielen allerdings die Sonnwendfeiern, insbesondere<br />
die Sommersonnwendfeier. Bei solchen Gelegenheiten wird häufiger gesungen, werden<br />
politische "Treueschwüre" abgegeben und wird versucht, bei flackerndem Feuer- und Fackelschein<br />
Bezüge zur nordischen Mythologie herzustellen. Mitunter wird dabei eine Affinität<br />
mit der Zeit des Nationalsozialismus in Form eines "Germanenkults" zelebriert. Mit solchen<br />
Veranstaltungen, die gerade auf junge Menschen eine gewisse Faszination ausüben, wird<br />
das interne Gemeinschafts- und Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt. Bei solchen Feiern<br />
spielt allerdings auch Alkohol häufig eine große Rolle, so dass solche Veranstaltungen auch<br />
in "Trinkgelagen" ausarten können.<br />
Generell lässt sich jedoch sagen, dass die Kultur und die Musik im Bereich der Neonazi-<br />
Szene eine eher geringe Rolle spielt. Sie ist nicht vergleichbar mit der Bedeutung, die der<br />
Musik für die Skinhead-Szene zukommt.<br />
Bei den rechtsextremistischen Parteien (REP, DVU und NPD) ist die Bedeutung von Kultur<br />
und Musik unterschiedlich ausgeprägt. Bei REP und DVU ist die Bedeutung sehr gering,<br />
während sie bei der NPD etwas höher ist, aber auch dort keine überragende Bedeutung besitzt.<br />
Bei den REP sind kulturelle Veranstaltungen oder ein musikalisches Beiprogramm bei großen<br />
Veranstaltungen eher die Ausnahme. Dies gilt auch für die größeren Parteitage auf<br />
Bundes- oder Landesebene. Ein begleitendes Musikprogramm ist in aller Regel nicht vorgesehen.<br />
Auch die Veranstaltung von Balladenabenden ist bisher nicht in <strong>NRW</strong> beobachtet<br />
worden. Allerdings organisierte die Republikanische Jugend in Hessen in Zusammenarbeit<br />
mit einem örtlichen REP-Kreisverband im Jahre 1999 einen Balladenabend mit Frank Renni-