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REGELUNGSGEWALT - vernünftig schreiben

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Nachdem die deutschen Kultusminister ebenso wie die zwischenstaatliche Kommission<br />

lange Zeit auf dem Standpunkt beharrt hatten, das 1996 beschlossene Regelwerk<br />

solle vor seinem geplanten Inkrafttreten nicht mehr verändert werden, überraschte<br />

die Kommission im Dezember 1997 mit folgender Pressemitteilung:<br />

Pressemitteilung Mannheim, 18. Dezember 1997<br />

Zwischenstaatliche Kommission<br />

für deutsche Rechtschreibung<br />

legt ihren Bericht vor<br />

Die von Deutschland, Österreich und der Schweiz eingesetzte Zwischenstaatliche<br />

Kommission für deutsche Rechtschreibung legt noch vor Weihnachten ihren ersten Bericht<br />

vor. Sie hofft dadurch die Diskussion zu versachlichen und die Akzeptanz gegenüber der<br />

Neuregelung zu erhöhen. In einer Reihe von Fällen schlägt sie vor, neben der neuen auch<br />

die alte Schreibung beizubehalten. So können die Schreibenden selbst entscheiden. Auch<br />

bleiben alle neu gedruckten Rechtschreibwörterbücher gültig, da die neuen Schreibungen<br />

weiterhin gelten. Darüber hinaus hat die Kommission Gespräche mit den großen<br />

Wörterbuchverlagen geführt, um die Darstellung der neuen Schreibung zu optimieren.<br />

Der Entwurf des Berichts wird etwa 30 Verbänden in Deutschland (darunter der Deutschen<br />

Akademie für Sprache und Dichtung, dem Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen<br />

Bundestags, der Studiengruppe Geschriebene Sprache usw.), Liechtenstein, Österreich und<br />

der Schweiz mit der Bitte um Stellungnahmen zugeschickt. Die Kommission hat darüber<br />

hinaus die Verbände nach Mannheim zu einem Gespräch im Januar 1998 eingeladen. Erst<br />

danach wird die Kommission die endgültige Fassung ihres Berichtes anfertigen und an die<br />

zuständigen Stellen in den deutschsprachigen Ländern schicken.<br />

Die Kommission hat alle konstruktive Kritik ernsthaft geprüft. Rein emotionale<br />

Äußerungen konnten daher nicht berücksichtigt werden. Neben Klarstellungen und<br />

ergänzenden Beispielen schlägt die Zwischenstaatliche Kommission vor, sowohl bei den<br />

bereits vorhandenen als auch bei den neu eingeführten Variantenschreibungen den<br />

Schreibgebrauch zu beobachten. So können die Schreibenden in einigen wenigen<br />

umstrittenen Fallgruppen wählen, z. B. zwischen Quentchen und Quäntchen, verbleuen<br />

und verbläuen, zwischen kalt stellen und kaltstellen, nahegehen und nahe gehen, zwischen<br />

ratsuchend und Rat suchend sowie zwischen Alma mater und Alma Mater, Chewing-gum<br />

und Chewing-Gum. Zwei Schreibungen empfiehlt die Kommission auch für die besonders<br />

kontrovers diskutierten Fälle Leid tun und leid tun, Not tun und not tun, Pleite gehen und<br />

pleite gehen, Feind sein und feind sein. Im Bereich der Worttrennungen wurde mit den<br />

großen Wörterbuchverlagen vereinbart, in den weiteren Auflagen alle durch die Regeln<br />

erlaubten Trennungen im Wörterverzeichnis anzugeben.<br />

Der Bericht, dem die Mannheimer Anhörung gelten sollte, war noch Anfang Januar<br />

1998 nicht an alle Teilnehmer verschickt, auch die Einladung selbst hatten wenige<br />

Tage vor dem Termin nicht alle Einzuladenden bekommen. (Ich selbst mußte mir den<br />

Text unter abenteuerlichen Umständen in Mannheim besorgen.) Überhaupt wurde die<br />

Anhörung von der Kommission mit spürbarer Unlust betrieben, war sie doch, wie<br />

Kommissionsmitglied Karl Blüml im Dezember 1997 dem „Standard“ (Wien)<br />

anvertraute, von den Kultusministern dazu gezwungen worden.<br />

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