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REGELUNGSGEWALT - vernünftig schreiben

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Der Bericht hat auch seine erheiternden Seiten, etwa wenn die Reformer ganz<br />

treuherzig über die Erfahrungen der Lehrer berichten:<br />

„Deutlich positiv wird die Neuregelung der Zeichensetzung bei mit und und oder<br />

verbundenen Hauptsätzen und bei Infinitiven mit zu beurteilt: Hier wird eine<br />

Erleichterung gesehen. Auf die Frage, ob die Schüler den durch die Neuregelung<br />

eröffneten Spielraum stilistisch nutzen, wird aber oft eine negative Antwort<br />

gegeben: Das Komma wird einfach weggelassen. Die Kommission registriert eine<br />

solche Entwicklung mit Bedauern, sie sieht aber Remedur nicht in einer<br />

Änderung der Regelung, sondern in didaktischen Maßnahmen.“ (S. 13f.)<br />

Kommas weglassen war schon immer eine Lieblingsbeschäftigung der Schüler –<br />

warum sollten sie damit aufhören, seit es „erlaubt“ ist? Interessanter wäre der Hinweis<br />

gewesen, daß mehrere Reformer die bisherige Kommasetzung beibehalten und auch<br />

theoretisch befürworten, die Nachrichtenagenturen sich von diesem Bereich der<br />

Neuregelung distanziert haben und in den zum zweitenmal umgearbeiteten<br />

Schulbüchern die weggestrichenen Kommas zur Zeit alle wieder eingesetzt werden.<br />

An mehreren Stellen lassen die Reformer durchblicken, daß sie nach wie vor an ihrem<br />

eigentlichen Hauptziel aus den siebziger Jahren, der gemäßigten Kleinschreibung,<br />

festhalten. Selbstverständlich haben sie dafür, wie S. 15 erwähnt, vor allem von<br />

Grundschullehrern Zustimmung erhalten, denen die Reform „nicht weit genug geht“.<br />

(Sie geht gerade in die entgegengesetzte Richtung.) Es liegt auf der Hand, daß diese<br />

Reformer ihr Ziel „gemäßigte Kleinschreibung“ niemals aufgeben werden, und man<br />

konnte ja schon früh vermuten, daß die exzessive Großschreibung nur ein besonders<br />

raffiniertes Mittel ist, um schließlich die Kleinschreibung als Erlösung aus dem nun<br />

angerichteten Durcheinander anpreisen zu können. Ich erinnere an die Dudenbroschüre<br />

von 1994:<br />

„Es ist ein Anfang gemacht worden, weitere Vereinfachungen und Verbesserungen<br />

können sich zu einem späteren Zeitpunkt anschließen.“ (S. 7)<br />

Und schon in der Abschlußerklärung von 1986 sagten dieselben Verfasser:<br />

„Erst in einem zweiten Schritt soll die umstrittene Groß- und Kleinschreibung in<br />

Angriff genommen werden.“<br />

Das Ziel ist klar und unverrückbar die „gemäßigte Kleinschreibung“.<br />

„Deutsch als Fremdsprache“<br />

Auch hier gibt es nach Mitteilung der Kommission keine besonderen Probleme. Die<br />

Kommission führt als einzigen Zeugen aus dem Ausland den ungarischen Germanisten<br />

Csaba Földes an, der nicht gegen die Rechtschreibreform ist. Kritische Stimmen wie<br />

Zemb, Goldschmidt, Korlén, Nakayama werden nicht zitiert. Vgl. etwa:<br />

268<br />

„Man hat zum Gewinn irgendwelcher Schmarrenverkäufer und für renommeesüchtige<br />

'Linguisten' oder Gymnasialpauker eine Rechtschreibreform 'durchzusetzen'<br />

versucht, über die sich sämtliche Germanisten der Welt vor Lachen<br />

biegen. Deutschland ist übrigens das einzige Land Europas, wo derartiger<br />

Quatsch ernst genommen wird, nirgendwo sonst hat man sich je irgendeiner<br />

solchen Reform 'unterworfen' und in Frankreich schon gar nicht, darüber macht<br />

man sich höchstens im Kabarett lustig. (...) Einschüchterung durch<br />

Rechtschreibreformen ist das beste Mittel, um falschen Respekt und Untertä-

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