REGELUNGSGEWALT - vernünftig schreiben
REGELUNGSGEWALT - vernünftig schreiben
REGELUNGSGEWALT - vernünftig schreiben
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
nicht unwichtig sind. Dies haben sogar die Reformer selbst im allgemeinen als<br />
erfreulich bewertet.<br />
Vielfach ist auch ein Unbehagen darüber spürbar, daß die Politiker, die in derart<br />
„unwichtigen“ Fragen weder sachlich überzeugend noch mit offenen, demokratischen<br />
Verfahren zu operieren vermögen, auch den „wichtigen“ Reformen nicht gewachsen<br />
sein könnten.<br />
Dieser Text wurde in neuer Rechtschreibung geschrieben. Probleme?<br />
Diese provokative Schlußzeile ist ein Eigentor. Der Text ist so gehalten, daß sich durch<br />
die Neuregelung keinerlei Änderungen ergeben. Wo sich nichts ändert, ist auch keine<br />
Erleichterung möglich. Wozu dann eine Neuregelung, die solche Kosten verursacht,<br />
daß die Schulbuchverleger mit vollem Recht darauf bestehen, aus wirtschaftlichen<br />
Gründen müsse endlich wieder orthographische Verläßlichkeit einkehren?<br />
Im deutschsprachigen Raum herrschte bis vor kurzem eine geradezu einzigartige<br />
orthographische Einheitlichkeit – auf der Grundlage einer zwar nicht vollkommenen,<br />
im Kernbereich aber sehr gut strukturierten, hoch differenzierten und dennoch – etwa<br />
im Vergleich zum Englischen oder Französischen – nicht allzu schwierigen<br />
Orthographie. Das ganze Jahrhundert hindurch blieb die deutsche Orthographie<br />
erstaunlich gleich; man kann ganze Jahrgänge einer Zeitschrift etwa aus den dreißiger<br />
Jahren lesen, ohne auf irgendeine auffällige Abweichung vom heutigen Brauch zu<br />
stoßen. Sollte sich die Neuschreibung durchsetzen, würde dies zu einer künstlichen<br />
und unverdienten Veralterung der gesamten Literatur führen, eine Art Patina würde<br />
sich über die Texte des Jahrhunderts legen und eine nicht zu unterschätzende Barriere<br />
vor jungen Leuten aufrichten, die ja schon jetzt kaum noch zu bewegen sind, Texte in<br />
Fraktur zu lesen.<br />
Die „Gesellschaft für deutsche Sprache“<br />
Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) war von Anfang an in die Ausarbeitung<br />
der Rechtschreibreform eingebunden, hatte aber wenig Einfluß. Die Einbindung sollte<br />
wohl eher den möglichen Widerstand aus dem traditionsreichen Sprachpflegeverein<br />
neutralisieren. Auch in der zwischenstaatlichen Rechtschreibkommission sitzt ein<br />
Vertreter der GfdS und fühlt sich verpflichtet, die Reform nicht nur in der<br />
Öffentlichkeit, sondern auch gegen die Mitglieder zu vertreten. Der frühere Vertreter<br />
der GfdS im Internationalen Arbeitskreis für Orthographie, Hermann Zabel, war auch<br />
innerhalb des Vereins so umstritten, daß er in der Kommission als Fehlbesetzung<br />
erschienen wäre. Diese Rolle nahm Rudolf Hoberg wahr, der inzwischen auch<br />
Vorsitzer der GfdS geworden ist. Die GfdS wird jedoch vor allem durch die<br />
Geschäftsführerin Karin Eichhoff-Cyrus (vormals Frank-Cyrus) auf striktem<br />
Reformkurs gehalten. Darüber gleich noch mehr. Ich gebe zunächst ein Schreiben an<br />
den Vorstand wieder, das ich nach Bekanntwerden der „Stellungnahme“ verfaßt hatte.<br />
Diese Stellungnahme sollte später auch dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt<br />
werden.<br />
61