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REGELUNGSGEWALT - vernünftig schreiben

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dass ist nach einem früheren Urteil Peter Eisenbergs die schlechteste denkbare<br />

Lösung.<br />

• Rohheit, Jähheit – weniger als ein halbes Dutzend Wörter. Dies könne nach<br />

Meinung der Akademie hingenommen werden. Kein Widerspruch, da es einer<br />

Tendenz der Sprachgemeinschaft entspricht.<br />

• geschrien statt des bisher möglichen geschrieen, analog zu die Knie, die Seen (wie<br />

bisher). Das ist annehmbar, freilich bleibt die unschöne Folge, daß zweisilbiges und<br />

dreisilbiges geschrien nicht mehr unterschieden werden können. Eine Vereinheitlichung<br />

in umgekehrter Richtung, d. h. die ausdrückliche Freigabe wäre denkbar<br />

gewesen. Die Fälle sind so selten, daß es sich nicht lohnt, darauf einzugehen.<br />

• Trennbarkeit von st. Hier gibt es zwar eine Reihe unangenehme Nebenfolgen, aber<br />

aus systematischer Sicht ist dagegen wenig einzuwenden. Nur: besteht<br />

Änderungsbedarf? Der PC trennt längst richtig.<br />

• die Nichttrennung von ck. Sie verstößt gegen die Trennung nach Sprechsilben (hier<br />

Silbengelenk) und gegen den § 3 der Neuregelung, wonach ck nur eine typographische<br />

Variante von kk ist. Die Änderung ist daher ein doppelter Verstoß gegen<br />

die inhärente Systematik und abzulehnen.<br />

• sodass bzw. sodaß kann zugelassen werden, da es der Entwicklung zur<br />

Univerbierung entspricht, in anderen deutschsprachigen Ländern bereits üblich und<br />

auch in Deutschland oft anzutreffen ist. Hierher gehört noch einiges andere, was der<br />

Vorschlag der Akademie nicht erwähnt (z. B. umso).<br />

• Bei irgendwer usw. ist ein Irrtum unterlaufen. Es geht in Wirklichkeit nur darum,<br />

irgendetwas und irgendjemand zusammenzu<strong>schreiben</strong>, also ebenso wie bisher<br />

irgendwer, irgendwo usw. Der Unterschied, daß etwas und jemand erststellenfähige<br />

Indefinitpronomina sind und daher tatsächlich, wie der Duden immer gesagt hat,<br />

„größere Selbständigkeit“ besitzen, wird übergangen. Daß die Neuregelung<br />

„radikal, aber übersichtlich“ sei, kann man auch nicht behaupten, denn irgend so ein<br />

wird ja weiterhin getrennt geschrieben, d. h. irgend bleibt ein freies Wort! Man<br />

sollte die Schreibweise freigeben, wie sie es ja in Wirklichkeit auch ist.<br />

• Die Ausführungen zu goethesches Gedicht sind nicht richtig, da der Duden bisher<br />

zwischen goethesches Gedicht (Gedicht nach Art Goethes) und Goethesches<br />

Gedicht (Gedicht von Goethe) unterschied, was freilich in der Praxis nicht strikt<br />

befolgt wurde. Die Unterscheidungsmöglichkeit sollte beibehalten werden, die<br />

nähere Begründung kann hier nicht gegeben werden (s. meinen „Kritischen<br />

Kommentar“).<br />

Die Akademie hofft, mit ihren Neuerungen „sowohl dem Grundanliegen einer Reform<br />

wie den Interessen der Leser und Schreiber, aber auch denen der Verlage und nicht<br />

zuletzt der Steuerzahler gerecht zu werden.“<br />

Was ist aber das Grundanliegen einer Reform? Die Beseitigung einiger Dudenspitzfindigkeiten<br />

kann es wohl nicht sein. Eine Reform kann entweder eine funktionale<br />

Verbesserung der Orthographie oder ihre leichtere Erlernung durch die Schüler zum<br />

Ziel haben. Es ist nicht zu erkennen, was die vorgeschlagenen Veränderungen zu<br />

beiden Zielen beitragen.<br />

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