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REGELUNGSGEWALT - vernünftig schreiben

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Daraus und aus der Mahnung des dritten Berichts an den Duden geht klar hervor, daß<br />

die Wiederherstellung der Grundform zufriedenstellend erst zu den neuesten Einsichten<br />

der Kommission gehört. Auf einem großen Umweg ist somit genau die alte<br />

Schreibweise wiederhergestellt. Nur das Verbgefüge muß noch getrennt geschrieben<br />

werden, aber auch hier fragt man sich, wie lange das noch gelten soll – und warum<br />

eigentlich, zumal die unterschiedliche Schreibweise von Verb und Partizip ein enormes<br />

Lernproblem darstellt.<br />

„Als regelwidrig werden die Schreibungen Hohelied und Hohepriester<br />

bezeichnet.<br />

Die Angaben des Duden sind korrekt. Die neu aufgenommenen Schreibungen<br />

sind fachsprachlich. Die Aufnahme fachsprachlicher Schreibungen ist den<br />

Wörterbüchern unbenommen.“<br />

Der Rekurs auf Fachsprachlichkeit scheint das Türchen zu sein, durch das neuerdings<br />

die flächendeckende Wiederzulassung der zuvor willkürlich ausgeschiedenen<br />

Schreibweisen ermöglicht wird. Fachsprachlichkeit muß, wie man hier schon sieht, in<br />

einem sehr weiten Sinne verstanden werden, wenn sie schon die Sprache der<br />

Bibelübersetzung umfaßt.<br />

Ich hatte ferner die Neuschreibung Messmer kritisiert. Die Kommission antwortet:<br />

„Eine Übertragung von Schreibungen, die im Regelwerk vorgegeben sind, auf<br />

analoge, jedoch nicht amtlich zu regelnde Fälle (Regionalismen), ist den<br />

Wörterbüchern überlassen.<br />

Begründung:<br />

Das amtliche Wörterverzeichnis enthält Messner, Mesner und (als Helvetismus)<br />

Mesmer. Der Duden gibt analog zu hochsprachlich Messner auch die Form<br />

Messmer für den schweizerischen Regionalismus Mesmer an. Diese Schreibung<br />

ist mit dem schweizerischen Dudenausschuss abgesprochen worden.“<br />

Von solchen Absprachen kann der Benutzer natürlich nichts wissen. Hinter dem<br />

Rotgedruckten scheint sich noch allerlei Nichtamtliches zu verbergen. Auf Anweisung<br />

der Kommission haben die neuesten Wörterbücher ja sogar die Mass Bier eingeführt.<br />

Übrigens trifft es nicht zu, daß die amtliche Neuregelung keine Regionalismen<br />

betreffe; im amtlichen Wörterverzeichnis sind Dutzende von schweizerischen und<br />

österreichischen Besonderheiten vermerkt.<br />

Zur selektiven Wiederaufnahme von Verbzusatzbildungen mit wieder-, die ich kritisiert<br />

hatte, bringt die Kommission eine sehr umfangreiche Verteidigung, die mir nur<br />

teilweise verständlich ist. Warum wieder herrichten und wiederherstellen laut Duden<br />

(2000) so unterschiedlich geschrieben werden sollen, wird nicht erklärt.<br />

Der Bericht gibt jedenfalls zu, daß die Auffassung des Duden sich geändert hat und<br />

folglich die Neubearbeitung ganz andere Auskünfte gibt als die damit überholte erste<br />

Reformausgabe. Daß die Unterscheidung zwischen Adverb und Verbzusatz auch bei<br />

der Kommission noch im Fluß ist, belegt der letzte Abschnitt:<br />

„Zu überlegen wäre, ob nicht in zwei der kritisierten Fälle auch die<br />

Zusammenschreibung zugelassen werden sollte: Bei wieder aufnehmen und<br />

wieder gutmachen liegt eine Herleitung aus den Substantiven Wiederaufnahme<br />

bzw. Wiedergutmachung und damit Zusammenschreibung nahe.“<br />

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