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REGELUNGSGEWALT - vernünftig schreiben

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Begründung:<br />

Die Variantenschreibungen blutbildend/Blut bildend und blutsaugend/Blut<br />

saugend ergeben sich nach § 36 E2, da die Rückführbarkeit auf eine Wortgruppe<br />

nach § 36(1) zwar möglich, aber nicht zwingend ist (neues Blut bilden →<br />

blutbilden [gemeint: blutbildend]; Blut bilden → Blut bildend).“<br />

Aus dem Regelwerk geht hervor, daß nur bei Rückführbarkeit des ersten Teils auf eine<br />

Wortgruppe Zusammenschreibung eintritt. Aus Blut bilden kann man Blut bildend<br />

ableiten, folglich tritt zwingend Zusammenschreibung ein, da der erste Bestandteil<br />

(Blut) nicht für eine Wortgruppe steht (vgl. § 36 (1), also, wie der Duden früher zu<br />

sagen pflegte, nichts ausgelassen wird. Die Kommission führt jedoch vor, daß man<br />

zunächst ein willkürlich ausgewähltes Wort hinzufügen und dann wieder weglassen<br />

kann, so daß doch eine Wortgruppe zugrunde liegt: neues Blut bilden → blutbildend;<br />

Blut bilden → Blut bildend. Auf dieselbe Weise käme man ja auch mühelos zu altes<br />

Eisen verarbeiten → eisenverarbeitend. Damit wäre eine große Gruppe eigens gekennzeichneter<br />

und vielgerühmter Neuschreibungen (fleischfressend, erdölexportierend<br />

usw.) wiederhergestellt. Das Ganze wirkt wie ein frivoler Scherz, und man wundert<br />

sich, daß die Beiräte solchen Unfug gebilligt haben.<br />

„Kritisiert wird die inkonsequente Handhabung der Fälle zufrieden stellend und<br />

nichts sagend.<br />

Die Variantenschreibungen zufriedenstellend und nichtssagend entsprechen zwar<br />

der amtlichen Regelung, sind im amtlichen Wörterverzeichnis aber nicht<br />

ausdrücklich genannt. Entsprechend der unter 1. gegebenen Begründung<br />

(Steigerbarkeit) wäre es richtig, die zusammengeschriebenen Formen bei einer<br />

Neuauflage des Duden (der jetzt schon ein zufriedenstellenderes Ergebnis<br />

verzeichnet) zu berücksichtigen.“<br />

Hier tun die Reformer so, als habe die Zusammenschreibung von zufriedenstellend<br />

schon immer ihrer Absicht entsprochen. In Wirklichkeit war davon 1996 noch keine<br />

Rede. Erst später beugten sich die Reformer einem der Argumente ihrer Kritiker,<br />

nämlich der gesamthaften Steigerbarkeit, und erkannten die Zusammenschreibung der<br />

gesteigerten Formen an. Der neubearbeitete Duden von 2000 hat folglich (wie schon<br />

1996) ein zufrieden stellendes, aber zufriedenstellenderes Ereignis. Bertelsmann und<br />

das Österreichische Wörterbuch, die ebenfalls direkt von der Kommission beraten<br />

worden sind, haben den Eintrag entweder gar nicht (Bertelsmann nur den getrennt<br />

geschriebenen Infinitiv) oder nur die Getrenntschreibung zufrieden stellend (so das<br />

ÖWB auch in der letzten Neubearbeitung). Und in dieser Form haben Bertelsmann und<br />

Duden die ausdrückliche Billigung der Kommission gefunden, vgl. oben S. 101, Anm.<br />

80, sowie die folgende Äußerung:<br />

280<br />

Vgl. auch: „Die Differenzen zwischen DUDEN und BERTELSMANN, die Sie<br />

festgestellt haben wollen und die es in einigen wenigen Grenzfällen sicher<br />

gegeben hat, sollten Sie anhand der 22. Auflage des RECHTSCHREIBDUDENS<br />

überprüfen, der – anders als missgünstige Kritiker das gern gesehen hätten – die<br />

amtlichen Regeln noch strenger befolgt, so dass Unterschiede gegenüber der<br />

BERTELSMANN-RECHTSCHREIBUNG wohl kaum noch auszumachen sind.“<br />

(Heller brieflich im Februar 2001)

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