REGELUNGSGEWALT - vernünftig schreiben
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gern beim Namen nennt. Statt klipp und klar zu sagen, daß Hitler die Fraktur verbot,<br />
umschreibt er folgendermaßen: „Noch bis zum Anfang der vierziger Jahre unseres<br />
Jahrhunderts war die Fraktur die dominierende Schriftart.“ (Nerius 1989, S. 218)<br />
Götzes Ausflug in die Geschichte hatte noch ein burleskes Nachspiel, das ich dem<br />
Leser nicht vorenthalten will. Einem Hinweis aus dem Lexikographischen Institut<br />
(München) folgend, in dem das Bertelsmann-Wörterbuch entstanden war, beschwerte<br />
sich Götzes Ehefrau im Sommer 1997 bei der Leitung der Universität Erlangen-<br />
Nürnberg, ich hätte ihren Mann in die Nähe des Nationalsozialismus gerückt. Sie<br />
kündigte eine „Dienstaufsichtspflichtsbeschwerde“ an, womit die Hochschulleitung<br />
wohl wenig anfangen konnte.<br />
Hermann Zabel greift gern zu ähnlichen Methoden. So nannte er mich in einem<br />
Leserbrief an die Süddeutsche Zeitung, der allerdings nicht veröffentlicht wurde, einen<br />
„nichthabilitierten C2-Professor“, woran weniger der doppelte Irrtum als die<br />
eigentümliche Gesinnung bemerkenswert ist – als komme es für den Wert eines<br />
Arguments auf die Besoldungsgruppe des Argumentierenden an. Wie sehr Zabel auf<br />
dergleichen fixiert ist, zeigt auch ein Absatz in seinem Buch „Widerworte“, das laut<br />
Vorwort zur „Versachlichung der Diskussion“ beitragen soll:<br />
„Auch Prof. Dr. H. Glück macht aus seiner karrierebedingten Abneigung gegen<br />
die Beteiligung von Fachdidaktikern an der Erarbeitung des neuen Regelwerks<br />
kein Geheimnis. Schon im Jahre 1995 war der C 3-Professor Glück als<br />
Wadenbeißer für seine C-4-Kollegen Eisenberg, Maas und Munske<br />
vorgeprescht.“<br />
In Darmstadt versäumte Zabel nicht, die beiden Wissenschaftler Birken-Bertsch und<br />
Markner als „Debütanten“ zu bezeichnen, ein Status, der in seinen Augen offenbar<br />
automatisch entkräftet, was die jungen Gelehrten zu sagen haben.<br />
Sprachwissenschaftler<br />
Die deutschen Sprachwissenschaftler, insbesondere die Germanisten, hätten eigentlich<br />
die sogenannte Rechtschreibform sofort unter großem Hohngelächter vom Tisch<br />
wischen müssen. Davon kann jedoch keine Rede sein. Bezeichnend ist die Erklärung,<br />
die die Deutsche Gesellschaft für Sprachwissenschaft am 27. Februar 1997 abgab,<br />
nachdem kein Sprachwissenschaftler, sondern ein bayerischer Oberstudienrat den<br />
Protest losgetreten hatte:<br />
„1. Die Deutsche Gesellschaft für Sprachwissenschaft (DGfS) unterstützt Bestrebungen,<br />
die deutsche Rechtschreibung zu vereinfachen und zu vereinheitlichen. Diesen<br />
Standpunkt hat sie bereits auf ihrer Jahrestagung in Freiburg im Frühjahr 1996<br />
vertreten.<br />
2. Die vorgeschlagene Reform entspricht jedoch nicht dem Stand der sprachwissenschaftlichen<br />
Forschung.<br />
3. Die DGfS distanziert sich entschieden von gegenwärtigen populistischen und wenig<br />
sachkundigen Bestrebungen zum Stop der Reform.<br />
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