REGELUNGSGEWALT - vernünftig schreiben
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4. Die DGfS begrüßt die Einrichtung der zwischenstaatlichen Kommission am Institut<br />
für deutsche Sprache Mannheim. Diese bietet die Möglichkeit, wissenschaftlich<br />
fundiert durchaus erkennbare Mängel und Probleme der neuen Rechtschreibung zu<br />
beheben, eine neue Rechtschreibung zu pflegen und Sprachveränderungen angemessen<br />
zu berücksichtigen.“<br />
Diese schwächliche Stellungnahme konnte nichts bewirken. Zu deutlich spricht aus der<br />
nicht näher spezifizierten Kritik einerseits ein gewisser Neid auf Friedrich Denk, der<br />
unter großen persönlichen Opfern weit mehr erreicht hatte als die zaghaften<br />
Sprachwissenschaftler, andererseits hätte man wohl selbst gern eine Rechtschreibreform<br />
gemacht, wenn man es denn gekonnt hätte. Aus dieser Richtung ist zwar viel<br />
Theoretisches und manches Programmatische zu einer Orthographiereform hervorgebracht<br />
worden, aber kein diskutierbarer Entwurf.<br />
Wie wenig der Protest ernst gemeint war, zeigte sich drei Jahre später: Anfang 2000<br />
stellte die Gesellschaft ihre „Zeitschrift für Sprachwissenschaft“, ohne die Mitglieder<br />
zu befragen, auf jene Neuschreibung um, die nach ihrer eigenen Überzeugung „nicht<br />
dem Stand sprachwissenschaftlicher Forschung entspricht“.<br />
Deutsch als Fremdsprache<br />
Obwohl nicht zuletzt der Deutschunterricht für Ausländer durch die Reform stark<br />
beeinträchtigt zu werden drohte, gab es von dieser Seite so gut wie keinen Widerstand.<br />
Ich habe bereits an einigen Beispielen gezeigt, daß – und wie schlecht – die Lehrwerke<br />
auf die Neuschreibung umgestellt wurden. Der Zustand der Wörterbücher wird noch<br />
verschiedentlich zur Sprache kommen.<br />
In vielen Ländern der Erde löste schon die Nachricht von einer Rechtschreibreform bei<br />
den Deutschabteilungen Entsetzen aus, weil die notwendigen Neuanschaffungen mit<br />
den gewöhnlich sehr knappen Finanzmitteln überhaupt nicht zu leisten sind. Die<br />
Aktion fiel in eine Zeit, da reihenweise Goethe-Institute geschlossen werden mußten.<br />
Der japanische Germanist Naoji Kimura schrieb 1998:<br />
„Es scheint mir, daß bei der ganzen Debatte über die Rechtschreibreform ein<br />
folgenschwerer Gesichtspunkt übersehen wird: verhängnisvolle Auswirkungen<br />
auf den Deutschunterricht im Ausland. Seit Jahrzehnten haben sich die Deutschlehrer<br />
und Deutschstudenten in Ostasien um die richtige Orthographie in der<br />
deutschen Sprache bemüht. Sie droht aber nun auf den Haufen geworfen zu<br />
werden. Niemand weiß mehr um die richtige ,Rechtschreibung‘ in der deutschen<br />
Sprache. Wenn es so weiter geht, wird sie wahrscheinlich allenfalls in Ostasien<br />
archiviert werden.“<br />
Die Kultusminister dehnten ihren Machtanspruch zunächst ohne weiteres auf die Auslandsschulen<br />
aus:<br />
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