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REGELUNGSGEWALT - vernünftig schreiben

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zugesagt, ihre Bemühungen untereinander und mit der Kommission zu koordinieren.“<br />

Ist ein solches Kartell besser als die vielgescholtene Alleinherrschaft der<br />

Dudenredaktion? Nebenbei erreicht die Kommission durch eine solche, auf privater<br />

Absprache mit ausgewählten Wörterbuchverlagen beruhende Sonder-Rechtschreibung<br />

unterhalb der amtlichen Norm, daß selbst solche Schreibweisen, die es auf reguläre<br />

Weise nicht zu Hauptvarianten gebracht haben, doch noch zum neuen Standard<br />

werden.<br />

Angesichts der Breite und Heftigkeit der Kritik, mit der die Bevölkerung gerade auf<br />

die Neuregelung der Silbentrennung reagiert hat, überrascht die Leugnung jeglichen<br />

Änderungsbedarfs. Zur gänzlich überflüssigen und störenden Abtrennung einzelner<br />

Vokalbuchstaben fällt den Reformern weiterhin nichts anderes ein als der schnodderige<br />

Bescheid: „Jeder kann eine Trennung unterlassen, wenn sie ihm nicht zusagt (zum<br />

Beispiel Abtrennung eines Vokals: A-bend).“ (S. 45) Natürlich kann „jeder<br />

Einzelschreiber, aber auch jedes Kollektiv“ (hier wird der Einfluß der DDR-<br />

Orthographen erkennbar) „für sich Einschränkungen formulieren, zum Beispiel:<br />

Trenne nie einen einzelnen Vokal ab“ – aber das wird dem Problem nicht gerecht, das,<br />

wie gesagt, heute im wesentlichen ein Problem der Software-Herstellung ist. Diese<br />

Tatsache läßt es auch ratsam erscheinen, die überdimensionierten Ausführungen über<br />

die Worttrennung am Zeilenende nicht allzu ernst zu nehmen, weil sich<br />

höchstwahrscheinlich von der technischen Seite her bald eine Rückkehr zur Vernunft<br />

anbahnen wird.<br />

Der Bericht enthält kein Literaturverzeichnis. Die Verfasser versichern, „alle<br />

konstruktive inhaltliche Kritik ernsthaft geprüft“ zu haben, „vor allem soweit sie in<br />

Büchern und Aufsätzen veröffentlicht ist.“ Namentlich erwähnt werden nur ein von<br />

den Reformern selbst herausgegebener Sammelband und der von Eroms/Munske. Die<br />

Reformer gehen aber nur auf wenige Kritikpunkte ein, so daß sich nicht feststellen<br />

läßt, welche Einwände sie für unbegründet halten und welche sie gar nicht zur<br />

Kenntnis genommen haben.<br />

Wie es weiterging<br />

Schon wenige Tage nach der Anhörung muß die Kommission die endgültige Fassung<br />

ihres Berichts fertiggestellt haben, denn bereits am 4. Februar beschäftigte sich in<br />

Mainz eine Fachkonferenz der Kultusministerien damit. Teilnehmer dieser Konferenz<br />

waren u. a. die Ministerialbeamten Besch, Krimm, Lipowski, Niehl, Pohle sowie die<br />

Reformer Augst und Gallmann.<br />

Die endgültige Fassung des Berichts ist auf „Januar 1998“ datiert. Der folgende<br />

Nachtrag unterzieht die Endfassung einem Vergleich mit der Entwurfsfassung:<br />

Die Veränderungen gegenüber dem Entwurf sind überwiegend geringfügig, teils sogar<br />

nur redaktioneller Art. Anstelle der „Entscheidungen der Kommission“ findet man z.<br />

B. nun durchgehend „Vorschläge“.<br />

In der Einleitung ist der Satz gestrichen: „Die Kommission hat also zu Recht die<br />

Aufgabe, die weitere Entwicklung zu verfolgen und entsprechend zu handeln.“<br />

Das Beispiel verbleuen/verbläuen ist durch Tolpatsch/Tollpatsch ersetzt.<br />

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