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REGELUNGSGEWALT - vernünftig schreiben

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Anmerkungen zur Resolution der Bildungsverbände (30.6.1997)<br />

JA ZUR RECHTSCHREIBREFORM! NEIN ZU NEUEN IRRITATIONEN! 64<br />

1. Die Rechtschreibreform in der heutigen Fassung ist nach jahrelanger Diskussion<br />

und unter Einbeziehung aller gesellschaftlichen und politischen Gremien im Konsens<br />

verabschiedet worden.<br />

Die Reformer sind durch ihre politischen Auftraggeber gezwungen worden, kurzfristig<br />

einen ganz anderen Entwurf auszuarbeiten, als sie eigentlich wollten. Das beweist ein<br />

Vergleich der Fassung von 1992 (die Gegenstand der Anhörung von 1993 war) mit der<br />

endgültigen Fassung. Die Vorlage vom Sommer 1995 stimmt auch nicht mit der im<br />

November 1994 in Wien verabschiedeten, nicht veröffentlichten Fassung überein. Die<br />

heute vorliegende Fassung war niemals Gegenstand einer wissenschaftlichen oder<br />

öffentlichen Diskussion, geschweige denn einer in solchen Fällen dringend<br />

notwendigen Erprobung.<br />

2. Die Rechtschreibung wurde durch die Neuregelung behutsam weiterentwickelt.<br />

Widersprüchliches des alten Regelwerkes wurde beseitigt, ebenso unerklärliche<br />

Besonderheiten und Ausnahmen von Ausnahmen.<br />

In Ermangelung konkreter Beispiele bleibt diese Behauptung leer. Meine eigenen<br />

Analysen ergeben im Gegenteil eine ungeheure Komplizierung der Regeln. Die<br />

angeblich beseitigten „unerklärlichen Besonderheiten“ erweisen sich bei genauerem<br />

Hinsehen als größtenteils sehr wohl begründbare Differenzierungen, welche die<br />

Sprachgemeinschaft im Laufe der Jahrhunderte ausgearbeitet hat und die nun teilweise<br />

beseitigt werden sollen. Nach dem Urteil so bedeutender Experten wie Peter Eisenberg<br />

und Horst H. Munske folgt die Reform keineswegs der Entwicklungstendenz der<br />

deutschen Orthographie, sondern läuft ihr im Gegenteil in vieler Hinsicht zuwider<br />

(vermehrte Großschreibung und Getrenntschreibung, Kommasetzung).<br />

Daß Entdifferenzierung mit Komplizierung und vermehrter Unübersichtlichkeit<br />

einhergehen kann, beweisen die neuen Regeln der Kommasetzung, aber auch die Groß-<br />

und Kleinschreibung, von der sogar die Reformer Sitta und Gallmann selbst sagen,<br />

man könne hier nur durch Nachschlagen im Wörterbuch zum Ziel kommen! Unter den<br />

112 numerierten Paragraphen verbergen sich mehr als 1000 Einzelregeln.<br />

3. Die Rechtschreibreform ist pädagogisch sinnvoll:<br />

• weil durch die Straffung der Regeln Lernhindernisse abgebaut werden,<br />

• weil durch überschaubare Regeln den Schülern und Schülerinnen mehr Sicherheit<br />

beim Schreibenlernen und in der Rechtschreibung gegeben wird.<br />

Das neue Regelwerk hat mindestens denselben Umfang wie das alte, nur die<br />

Numerierung der Paragraphen täuscht eine geringere Zahl von Regeln vor. Manche<br />

Paragraphen sind 3 bis 4 DIN-A4-Seiten lang. Wichtige Ausnahmeregeln sind in<br />

64 Als Unterzeichner sind angegeben: Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen;<br />

Bundeselternrat; Bundesverband der Lehrer an beruflichen Schulen; Deutscher Didacta-<br />

Verband; Deutscher Philologen-Verband; Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft;<br />

Verband Bildung und Erziehung; Verband der Schulbuchverlage.<br />

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