29.12.2012 Aufrufe

REGELUNGSGEWALT - vernünftig schreiben

REGELUNGSGEWALT - vernünftig schreiben

REGELUNGSGEWALT - vernünftig schreiben

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Warum sollte die Bevölkerung sich diesen Vorschlägen anschließen, die keinesfalls<br />

besser sind als die bisher übliche Regelung und zum Teil ja auch mit der zweifelhaften<br />

Empfehlung antreten, nicht ganz so schlimm zu sein wie andere neue Regeln? Auch<br />

diese ausgewählten, minder schlimmen Regeln sind zu diskutieren, und zwar<br />

öffentlich. Dann wird allerdings ihre Blöße zutage treten. Überhaupt eröffnet, wer neue<br />

Vorschläge macht, eine neue Diskussion und beendet nicht etwa den „Streit“, wie es<br />

mit unangebrachter Abschätzigkeit heißt.<br />

Der Entwurf hat zwar keine Aussicht auf Verwirklichung, ist aber dennoch zu<br />

begrüßen. Denn je mehr Alternativvorschläge von einigem Gewicht es gibt, desto<br />

geringer sind die Erfolgsaussichten der wirklich besonders schlechten amtlichen<br />

Neuregelung.<br />

Der Streit wird also weitergehen, und das muß er auch – bis der Reformunfug vorbei<br />

ist.<br />

Rückbau der Reform im Jahre 2000<br />

Kommentar zum zweiten Bericht der Rechtschreibkommission 78<br />

Unbemerkt von der Öffentlichkeit hat die Rechtschreibkommission ihren zweiten<br />

Bericht vorgelegt. Umfaßte der erste Bericht vom Dezember 1997 fast 70 Seiten, auf<br />

denen durchgreifende Korrekturen der mißlungenen Reform als „unumgänglich<br />

notwendig“ vorgeschlagen wurden, so begnügt sich der neue mit knapp vier Seiten.<br />

Die Kommission bringt mehrmals ihren Ärger darüber zum Ausdruck, daß die<br />

Kultusminister damals keine noch so geringfügige Veränderung genehmigten, die<br />

mühsame Arbeit also ganz umsonst gewesen war und die Reformer mitansehen<br />

mußten, wie das unkorrigierte Regelwerk in Kraft trat – mit den fatalen Folgen, die<br />

man heute tagtäglich in den zwangsweise umgestellten Zeitungen besichtigen kann.<br />

Der Bericht erinnert nicht ohne Bitterkeit daran, daß wegen der Uneinsichtigkeit der<br />

Kultusminister nach Professor Munske auch der zweite namhafte Sprachwissenschaftler,<br />

Professor Eisenberg, aus der Kommission austrat. Beide wurden durch<br />

gefügige Personen ersetzt. Was blieb unter diesen Umständen noch zu tun? Die<br />

Kommission habe sich darauf beschränken müssen, für die einheitliche Umsetzung der<br />

– wenn auch teilweise als falsch erkannten - neuen Regeln durch die Wörterbücher zu<br />

sorgen. Außer Beratungsrunden mit den Wörterbuchverlagen, Softwareherstellern und<br />

Nachrichtenagenturen werden sechs mehrtägige Arbeitssitzungen der gesamten<br />

Kommission sowie eine nicht genannte Zahl von Gruppensitzungen erwähnt. Leider<br />

erfährt man nicht, was auf all diesen Tagungen beraten wurde und was dabei<br />

herausgekommen ist. Dies wurde nur den befreundeten Wörterbuchverlagen (es sind<br />

zugleich Geschäftspartner einiger Kommissionsmitglieder) mitgeteilt. Auch die<br />

Kultusminister als eigentliche Auftraggeber erfahren es nicht; daß sie gleichwohl, wie<br />

der Geschäftsführer der Kommission mitteilt, einen so unvollständigen Bericht<br />

„zustimmend zur Kenntnis genommen“ haben, ist erstaunlich und läßt sich wohl nur<br />

damit erklären, daß sie es gar nicht wissen wollen.<br />

78 Rhein-Neckar-Zeitung 27.4.2000<br />

89

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!