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Die Welt der Wünschelrutengänger und Pendler - SSOAR

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Alle Befragten, die eine traditionelle Einweisung erfahren hatten, setzten<br />

ihre Ausbildung in <strong>der</strong> Radiästhesie fort. Während <strong>der</strong> ganzen Feldfor-<br />

schung begegnete ich keinem einzigen dörflichen »Wasserschmecker«,<br />

dessen Wissen von einem einzelnen Vorgänger übermittelt wurde <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

sich nur aufs Wassersuchen beschränkte. Herr X. erinnert sich: »Ja, da hab<br />

ich noch en paar Mal mit <strong>der</strong> Rute gegangen. (. . .) Aber da geriet das bei mir<br />

dann vollkommen in Vergessenheit«. Erst Jahrzehnte später erlernte er bei<br />

einem Lehrbetrieb ein ausführliches radiästhetisches Wissen. Auch Herr<br />

Th. bemerkt: »Damals wußt ich noch nix von Gittern, des kam erst sehr viel<br />

später dazu. Auch Verwerfungskante noch nicht, des kam entschieden spä-<br />

ter dazu.« Herr L. hatte seine ersten Kenntnisse von einem älteren, erfahre-<br />

ren Rutengänger-Lehrer (C.) erworben. Doch auch ihm genügte das nicht.<br />

»Der Herr C. hat mir eigentlich net soviel zeigt (. . .) Also mehr hat mir<br />

schon die Schulung gebracht im Verband.«<br />

Der einzige wirkliche Wassersucher unter den Befragten (Herr Ö.) war<br />

zwar von einem Rutengänger seines Heimatdorfes eingewiesen worden.<br />

Später trat er einer parapsychologischen Gesellschaft bei <strong>und</strong> entwickelte<br />

mittlerweile eigene Theorien. An<strong>der</strong>e gerieten direkt in die Radiästhesie.<br />

Im Alter von etwa 17 Jahren fiel Herrn S., einem heute hauptberuflichen<br />

<strong>Pendler</strong>, zufällig eine Ausgabe <strong>der</strong> esoterischen Zeitschrift »Neues Zeital-<br />

ter« in die Hände. »Und da hab ich vom Bauer-Verlag (. . .) hab ich damals<br />

Prospekte kommen lassen.« Über diese Medien stieß Herr S. auf eine Pend-<br />

lerin in seiner Nähe, die ihn wie<strong>der</strong>um an den radiästhetischen Verein in<br />

<strong>der</strong> benachbarten Stadt verwies. Über Schulungen, Bekanntschaften mit<br />

nichtorganisierten o<strong>der</strong> organisierten Radiästheten <strong>und</strong>, in allen Fällen (au-<br />

ßer bei Herrn Ö.) über Veröffentlichungen wird das radiästhetische Wissen<br />

vermittelt.<br />

<strong>Die</strong> Schemata haben eine deutliche »pragmatische Relevanz«. Denn sie<br />

umschreiben, was <strong>der</strong> Radiästhet sucht <strong>und</strong> was er - in den meisten Fällen<br />

-findet. Gemeinsam mit den Fertigkeiten bilden die von den Institutionen<br />

vermittelten Schemata ein Kochbuchwissen. <strong>Die</strong> im Ausschlag sich aus-<br />

drückende Wirklichkeit erhält eine Gestalt, die zwar nach wie vor unsicht-<br />

bar ist, <strong>der</strong>en Bedeutung aber versprachlicht, visualisiert, mitgeteilt <strong>und</strong><br />

erlernt werden kann <strong>und</strong> die als von Institutionen getragenes Wissen ein so-<br />

ziales Eigenleben fuhrt.<br />

<strong>Die</strong> Sozialität dieses Wissens hat erkennbare Folgen. »Sobald eine Reihe<br />

von Rutengängern vom selben Lehrmeister unter denselben Bedingungen<br />

ausgebildet wird, können beinahe identische Rutenreaktionen erzielt<br />

- o<strong>der</strong> wenigstens behauptet - werden« (Rawcliffe 1959, 358 ff.). Was

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