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Die Welt der Wünschelrutengänger und Pendler - SSOAR

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<strong>und</strong> Eiern. Damit setzte er die ungeheure Ausweitung <strong>der</strong> Ziele fort, die<br />

sich schon seit Aymar abzeichnete. Ritter ist - wenn auch nicht allein - für<br />

eine weitere Neuerung verantwortlich. Unbekannt war bislang gewesen,<br />

daß man den Pendeln »mental« befehlen kann, »auch ohne unter ihnen befindliches<br />

Material zu bewegen.« (nach Wetzels 1973, 118) Kar1 von Hardenberg,<br />

an den diese Worte gerichtet waren, bemerkt die Neuerung: »Hier<br />

weist <strong>der</strong> Mensch (. . .) sich als Lebensspen<strong>der</strong> <strong>der</strong> ganzen übrigen Natur.«<br />

(ebda., 117) Der Pendel spricht nicht mehr aus eigener Kraft, son<strong>der</strong>n wird<br />

durch körperliche Vorgänge hervorgerufen. Damit deutet sich die entscheidende<br />

Wende zur Radiästhesie an: »War es fniher die Natur, die es so eingerichtet<br />

hatte, daß sich <strong>der</strong> Gesamtorganismus des Universums im Menschenkörper<br />

befand, so ist es jetzt <strong>der</strong> Mensch selbst, <strong>der</strong> in einer bewußten<br />

Handlung diese verborgenen Korrespondenzen ans Licht bringt.« (Wetzels<br />

1973,117) Für die Radiästhesie, die Ritter nur als ein Beispiel dient, hieß das<br />

nun: die bewegenden Krafte <strong>und</strong> das nötige Wissen liegen im Menschen<br />

selbst. Hatten die Radiästheten den Ausschlag bis dahin weitgehend als einen<br />

von außen bewirkten o<strong>der</strong> vom Gerät ausgehenden Vorgang angesehen,<br />

so wird nun die Ursache ins Innere des Menschen verlegt (dorthin, wo<br />

auch das »Wissen des Universums« liegt).31 Auf dem Hintergr<strong>und</strong> seiner romantischen<br />

Orientierung stellt Ritter die Radiästhesie erstmals in den ganzheitlichen<br />

Zusammenhang des Menschen mit dem Universum. <strong>Die</strong> magischen<br />

Kräfte werden gewissermaßen zu im Menschen liegenden Medien<br />

<strong>der</strong> Kommunikation mit dem Außerweltlichen.<br />

Ritter löst durch die Verinnerlichung des Rutenausschlags auch ein Problem,<br />

das sich <strong>der</strong> Radiästhesie stellte, seit sie Gegenstand experimenteller<br />

Untersuchungen geworden war. Hatte doch eine Untersuchung nach <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en ergeben, daß die Rute nicht von alleine ausschlägt. Konnte <strong>der</strong><br />

Ausschlag deshalb bis dahin nur durch eine Selbsttäuschung <strong>der</strong> Radiästheten<br />

erklärt werden, so eröffneten sich durch die Verlegung <strong>der</strong> radiästhetischen<br />

Fähigkeit nach innen neue Möglichkeiten. Das magische Charisma<br />

entzieht sich <strong>der</strong> positivistischen Wissenschaft durch die Verlagerung ins<br />

menschliche Innenleben. An <strong>der</strong> Verbreitung dieser Möglichkeiten war<br />

Ritter ebenfalls nicht unbeteiligt, denn seine Kontakte zur literarischen Öffentlichkeit<br />

<strong>der</strong> Romantik waren sehr eng. Schon seine Experimente hatten<br />

weit über München hinaus eine Mode von Pendelskancen, »Campettiaden«,<br />

ausgelöst. Seine intellektuellen Kontakte aber sollten ebenso Früchte<br />

tragen. Nachdem Ritter Hege1 auf den Pendel aufmerksam gemacht hatte,<br />

berichtete dieser (in einem Brief an Schelling): »Goethen hab ich neugierig<br />

gemacht.« Und Goethe war es auch, <strong>der</strong> die romantische Neuerung zur<br />

Sprache brachte. Wenige Jahre nach den Münchner Versuchen schil<strong>der</strong>t er

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