Die Welt der Wünschelrutengänger und Pendler - SSOAR
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dem, die <strong>der</strong> physikalistisch deutende Radiästhet überwindet, liegt zwar<br />
jenseits <strong>der</strong> alltäglichen Wahrnehmung; sie befindet sich aber innerhalb<br />
<strong>der</strong>selben Grenzen <strong>der</strong> natürlichen <strong>Welt</strong>, in <strong>der</strong> auch die physikalischen<br />
Energien angesiedelt werden. Wie diese natürlichen Erklärungen auf eine<br />
Tradition zurückblicken können, die von Agricolas Ausdünstungen, dem<br />
Magnetismus Mesmers bis zu Reichenbachs Odlehre reicht, so hat auch die<br />
mentalistische Tradition Vorgänger. Hier gehören die wirkenden Kräfte ei-<br />
nem Wirklichkeitsbereich an, <strong>der</strong> die Natur <strong>und</strong> auch die alltägliche Wirk-<br />
lichkeit übersteigt. Der mentalistische Radiästhet verfugt nicht nur über au-<br />
ßerordentliche Fähigkeiten, er kommt mit einer außerordentlichen Wirk-<br />
lichkeit in Kontakt. <strong>Die</strong>se Wirklichkeit besteht wenigstens aus einer hinter<br />
den Dingen liegenden <strong>Welt</strong> von Kräften, die nur in beson<strong>der</strong>en Erfahrun-<br />
gen zugänglich o<strong>der</strong> gar von Geistwesen belebt ist. Wie die Vorläufer, die<br />
den Ausschlag als Werk von Dämonen <strong>und</strong> Geistern o<strong>der</strong> als »Gabe Got-<br />
tes« erklärten, so trägt auch diese Wirklichkeit im engeren Sinne religiöse<br />
Züge: Während <strong>der</strong> Physikalist glaubt, die im Ausschlag erfahrenen Kräfte<br />
seien <strong>der</strong> alltäglichen Erfahrung prinzipiell zugänglich, transzendiert die<br />
Strahlenwelt <strong>der</strong> Mentalisten die Natur. Sie liegt in einer an<strong>der</strong>en Wirklich-<br />
keit, die im Alltag nicht erfahren werden kann. Der Radiästhet überwindet<br />
im Ausschlag die große Transzendenz <strong>der</strong> alltäglichen Wirklichkeit <strong>und</strong> be-<br />
tritt eine neue <strong>Welt</strong>." Nach <strong>der</strong> historischen Subjektivierung <strong>der</strong> radiästhe-<br />
tischen Erfahrung verwun<strong>der</strong>t es nicht, daß diese an<strong>der</strong>e <strong>Welt</strong> auch im<br />
Menschen, in den Tiefen <strong>der</strong> menschlichen Seele <strong>und</strong> in den Höhen seines<br />
»Geistes« angesiedelt werden kann.<br />
<strong>Die</strong> mo<strong>der</strong>ne Theoretisierung verleiht den transzendenten Kräften, die<br />
<strong>der</strong> Radiästhet erfahrt, einen sehr unterschiedlichen Sinn. <strong>Die</strong> Erfahrung<br />
bezieht sich einmal auf unsichtbare Naturkräfte, also kleine Transzenden-<br />
Zen, ein an<strong>der</strong>es Mal auf »jenseitige« Kräfte <strong>und</strong> Agenten. <strong>Die</strong> Radiästhesie<br />
bleibt aber beidemale okkult: die wirkenden Kräfte sind - in verschiedenen<br />
Wirklichkeitsbereichen angesiedelt - unsichtbar, <strong>und</strong> ihre Wirkung wird<br />
nur subjektiv erfahren.<br />
<strong>Die</strong> Unterschiedlichkeit <strong>der</strong> zwei Theoriestränge, <strong>der</strong> »mentalen« <strong>und</strong><br />
»physikalischen« Radiästhesie, gründet vor allen Dingen darin, daß zur Er-<br />
klärung auf unterschiedliche Sinntraditionen Bezug genommen wird. Wäh-<br />
rend die physikalische Richtung sich an wissenschaftlichen Traditionen<br />
orientiert, beziehen die Mentalisten ihre Erklärungsmuster aus eher weltan-<br />
schaulichen <strong>und</strong> religiösen Traditionen. Wie schon erwähnt, läßt sich die<br />
Trennlinie zwischen beiden Theoriesträngen jedoch erst auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong><br />
sek<strong>und</strong>ären Legitimationen ziehen. Und selbst auf dieser Ebene sind die<br />
Grenzen keineswegs sehr scharf.