Die Welt der Wünschelrutengänger und Pendler - SSOAR
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4. <strong>Die</strong> kommunikative Form <strong>der</strong> Heilung<br />
Geschichten über erfolgreiche Heilungen werden allenthalben erzählt. <strong>Die</strong><br />
interviewten Klienten rekonstruierten solche Geschichten, die sie von Be-<br />
kannten erfahren hatten, <strong>und</strong> erzählten selbst Geschichten. Einigen Frage-<br />
bögen waren Briefe beigelegt, in denen die Heilung narrativ rekonstruiert<br />
wurde. Erzählt wurden Geschichten dieser Art von »Schülern« im Laufe<br />
<strong>der</strong> Schulungen, von professionellen Radiästheten während <strong>der</strong> Hausunter-<br />
suchungen, in Gesprächen mit an<strong>der</strong>en Radiästheten, <strong>und</strong> sie wurden in<br />
unzähligen Fassungen in <strong>der</strong> radiästhetischen Literatur nie<strong>der</strong>gelegt. Zwei-<br />
fellos macht es einen Unterschied, ob ein Laie o<strong>der</strong> ein Professioneller sol-<br />
che Geschichten erzählt; einen Unterschied macht es auch, wem sie erzählt<br />
werden. Und schließlich spielt es eine große Rolle, in welchen Situationen<br />
sie erzählt werden. <strong>Die</strong>se Unterschiede fuhren zum Teil zu nebensächli-<br />
chen, aber auch zu wesentlichen Variationen einer recht simplen Gr<strong>und</strong>-<br />
form, die im folgenden dargestellt werden soll.<br />
<strong>Die</strong> Geschichten über erfolgreiche Heilungen werden meist im Verlauf<br />
von Gesprächen erzählt <strong>und</strong> fallen dem eingeweihten Beobachter kaum<br />
mehr auf. Nur in beson<strong>der</strong>en Situationen wird diesen Geschichten ein be-<br />
son<strong>der</strong>er Status eingeräumt, <strong>und</strong> erst in einer solchen Situation gingen mir<br />
selbst gleichsam »die Augen auf«.<br />
Am Abend eines Radiästhesiekongresses stieß ich auf eine kleine Gruppe, die<br />
sich über den Kongreß, das Rutengehen <strong>und</strong> ihre Erfahrungen unterhielt. Kurz<br />
nachdem ich hinzugekommen war, nahm einer, Herr Q. wollen wir ihn nennen, ein<br />
kleines Tonbandgerät heraus <strong>und</strong> bat Herrn M., die »Geschichte mit dem kleinen<br />
Mädchen« zu erzählen. Es war Abend, man saß gemütlich beim Bier, <strong>und</strong> so hatte<br />
Herr M. alle Zeit <strong>der</strong> <strong>Welt</strong>, um seine Geschichte vorzutragen. Er erzählte, wie ihn<br />
<strong>der</strong> Vater eines gelähmten Mädchens aufgesucht <strong>und</strong> gebeten hatte, eine Hausuntersuchung<br />
vorzunehmen. Mehrmals ließ Herr M. Bettumstellungen vornehmen,<br />
ja er sagte sogar den Zeitpunkt <strong>der</strong> Heilung voraus, <strong>und</strong> tatsächlich, so schloß er,<br />
konnte das Mädchen letztendlich wie<strong>der</strong> gehen. Beim Abhören <strong>der</strong> Tonbandaufnahme<br />
dieser Geschichte zeigte sich Herr Q. jedoch sehr unzufrieden mit <strong>der</strong> Aufnahmequalität,<br />
<strong>und</strong> so bat er Herrn M., die Geschichte erneut zu erzählen. Der redselige<br />
<strong>und</strong> kurzweilige Herr M. kam dieser Bitte gern nach <strong>und</strong> wie<strong>der</strong>holte die<br />
~eschichte sehr detailliert, mit kleinen ~erän<strong>der</strong>un~en, einigen Auslassungen <strong>und</strong><br />
neuen Zusätzen. Als diese kleine private Kassettenproduktion abgeschlossen wurde,<br />
war fast eine St<strong>und</strong>e vergangen, die meisten ~Lteili~ten verabschiedeten sich<br />
<strong>und</strong> gingen zu Bett.<br />
<strong>Die</strong>se ausführliche Geschichte ist schon deswegen von Interesse, weil<br />
hier zwei Versionen erzählt werden. Allerdings kann sie wegen ihrer Länge<br />
nur in einigen Auszügen wie<strong>der</strong>gegeben werden. Glücklicherweise fanden