Die Welt der Wünschelrutengänger und Pendler - SSOAR
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auf einen Schlag zu Vereinen <strong>und</strong> Verbänden zusammen, die ihre Interes-<br />
sen vertreten, in denen Wissen weitergegeben wird <strong>und</strong> die mit eigenen<br />
Zeitschriften, Vorträgen <strong>und</strong> annoncierten <strong>Die</strong>nstleistungen an die Öffent-<br />
lichkeit gehen. <strong>Die</strong> Radiästhesie gewinnt eine neue Gestalt.<br />
Nicht ohne Gr<strong>und</strong> waren die berühmten Wassersucher in den Kolonien<br />
im Einsatz. Man kann, im Anschluß an Vogt <strong>und</strong> Hyman, vermuten, daß<br />
die in den neuen Kolonien auftauchenden Probleme <strong>der</strong> Wasserversorgung<br />
für die Renaissance des Rutengehens mitverantwortlich sind. Doch kön-<br />
nen die damaligen spektakulären (<strong>und</strong> umstrittenen) F<strong>und</strong>e zwar die neue<br />
Popularität des Rutengehens erklären, nicht aber, daß es in einer neuen Ge-<br />
stalt auftritt. Genauer betrachtet folgten die deutschen Vereinsgründungen<br />
den Spuren einer allgemeineren Entwicklung. In Frankreich hatte sich<br />
schon davor ein Verein formiert. Lange vorher, 1884, war die »British Socie-<br />
ty for Psychical Research« gegründet worden, die auch die Erforschung <strong>der</strong><br />
Radiästhesie auf ihre Banner geschrieben hatte. Zur gleichen Zeit schlossen<br />
sich nicht nur «okkulte«, son<strong>der</strong>n auch »reformerische«, »antimo<strong>der</strong>nisti-<br />
sche« Gruppierungen zu Vereinen zusammen.' Seit 1880 hatten sich Verei-<br />
ne fir Naturheilk<strong>und</strong>e gebildet, um 1908 entstanden die ersten Dachver-<br />
bände. Der Natur- <strong>und</strong> Heimatschutz begann sich ab 1900 zu organisieren<br />
(Linse 1986). Wenn auch die Untersuchungen zur deutschen Vereinsbewe-<br />
gung über die Radiästhesie schweigen, ist <strong>der</strong> Zusammenhang mit <strong>der</strong> zu-<br />
nehmenden Organisierung »alternativer Bewegungen« kaum zu überse-<br />
hen. Der Neo-Rousseauismus <strong>der</strong> Zeit nach <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>twende, die<br />
Orientierung am Natürlichen, Traditionellen <strong>und</strong> nicht zuletzt <strong>der</strong> sich<br />
auch in Deutschland organisierende Okkultismus konnten als Vorbil<strong>der</strong><br />
dienen.9<br />
Bei <strong>der</strong> raschen Ausbildung radiästhetischer Verbände spielt aber sicher-<br />
lich auch die verän<strong>der</strong>te soziale Trägerschaft eine wichtige Rolle. Schon die<br />
ersten populären Radiästheten sind keine Vertreter traditioneller Berufe,<br />
keine Bergleute o<strong>der</strong> Bauern mehr, wie noch in den Jahrhun<strong>der</strong>ten davor.<br />
Es sind vielmehr - neben Adligen - Vertreter <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen bürgerlichen<br />
Mittelschichten: Hohe Verwaltungsbeamte, Ingenieure, Offiziere. Im Vor-<br />
stand des österreichischen »Verbandes« sind z.B. vertreten: Rechtsanwälte,<br />
Ingenieure, Ärzte, Ministerial- bzw. Regierungsräte, ein Oberst, ein Jurist,<br />
ein Geologe <strong>und</strong> ein Installateur. Und diese bürgerlichen Gruppen waren<br />
auch in an<strong>der</strong>en Bereichen die Träger <strong>der</strong> Vereinsbewegung (Nipperdey<br />
1976, 174 ff.). <strong>Die</strong> »Verbürgerlichung« <strong>der</strong> Radiästhesie <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Initiie-<br />
rung durch ausländische Vorläufer zeigt sich an weiteren Merkmalen. Frü-<br />
here Publikationen waren - mit den wenigen Ausnahmen einiger Kirchen-<br />
männer <strong>und</strong> prägen<strong>der</strong> Gestalten wie Ritter - von Autoren verfaßt worden,