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Die Welt der Wünschelrutengänger und Pendler - SSOAR

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schen Heilgeschichte steht nicht die Heilung, <strong>und</strong> schon gar kein leiblich er-<br />

fahrener Heilvorgang, son<strong>der</strong>n die Beschreibung <strong>der</strong> radiästhetischen Be-<br />

handlung: die Ausmutung stören<strong>der</strong> o<strong>der</strong> abträglicher Gegenstände, die<br />

F<strong>und</strong>e, die radiästhetischen Maßnahmen. Es gibt einige Hinweise darauf,<br />

daß die Radiästheten selbst an <strong>der</strong> Entstehung dieser Geschichten maßgeb-<br />

lich beteiligt waren. Sie verfaßten die ersten Geschichten o<strong>der</strong> redigierten<br />

wenigstens »Bestätigungen«, die von Klienten angefor<strong>der</strong>t worden waren.<br />

Warum aber, so muß gefragt werden, faßte man die Heilerfolge in die Form<br />

von Geschichten? Warum werden nicht einfach die Erfolge etwa in Form<br />

von Regeln berichtet? Daß Heilerfolge in Form von Geschichten vermittelt<br />

werden, hat mehrere Gründe. Einen ersten Hinweis gab uns schon <strong>der</strong> Er-<br />

zähler <strong>der</strong> längsten Heilgeschichte. Nach dem radiästhetischen F<strong>und</strong>, <strong>der</strong><br />

oben wie<strong>der</strong>gegeben wurde, fahrt er nämlich fort:<br />

Herr M.: . . . durch's Bett. ,Ne,< des wird höchstwahrscheinlich des könnte (sein)<br />

todsicher net (Kurpfuschergesetz weil äh) Diagnosen dürfen wir ja net<br />

stelln; die Krankheit ausgelöst ne.« (Er erläutert nun, welche Maßnah-<br />

men er empfahl.)<br />

Eingebettet in die Vermutung, daß die diversen Störungen die Krankheit<br />

verursacht haben könnten, findet sich ein deutlicher Vermerk zum »Kur-<br />

pfuschergesetz«: eine Diagnose darfja nicht gestellt werden, <strong>und</strong> auch das<br />

Versprechen einer Heilung hätte schwerwiegende rechtliche Konsequen-<br />

zen. Indem eine evident belegte Geschichte erzählt wird, können sowohl<br />

die Diagnosen wie die Heilungen erwähnt werden, ohne daß jedoch eine<br />

rechtlich möglicherweise belastende allgemeine Behauptung aufgestellt<br />

werden müßte. <strong>Die</strong> Form <strong>der</strong> exemplarischen Heilungsgeschichte erfüllt so<br />

eine wichtige soziale Funktion: sie erhebt exemplarisch den Anspruch auf<br />

therapeutische Zuständigkeit <strong>der</strong> radiästhetischen Medizin; gleichzeitig<br />

umgeht sie mögliche Sanktionen <strong>der</strong> approbierten Heiler <strong>und</strong> des Rechts-<br />

apparats, indem sie es vermeidet, einen generellen Geltungsanspruch zu er-<br />

heben. <strong>Die</strong> Ausbildung solcher narrativen Formen scheint damit eine Fol-<br />

ge <strong>der</strong> (rechtlich sanktionierbaren) Strittigkeit magischer Praktiken zu sein,<br />

die sich als Konfliktlinie durch alle bisher angeführten Institutionsbereiche<br />

zog.<br />

Zugleich aber wird diese narrative Form <strong>der</strong> Unspezifik magischer Prak-<br />

tiken in beson<strong>der</strong>em Maße gerecht. Das narrative Modell <strong>der</strong> Erklärung<br />

umgeht beide Schwierigkeiten: Ohne genau festzulegen, was da vor sich<br />

geht, stellt die Heilungsgeschichte allein aufgmnd ihrer zeitlichen Struktu-<br />

rierung einen Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> radiästhetischen Maßnahme<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Besserung her. Läßt die Form <strong>der</strong> Geschichte Raum für die unter-

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