Die Welt der Wünschelrutengänger und Pendler - SSOAR
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diese Empfehlungen gegeben werden, behandelt das Problem »Krankheit«<br />
o<strong>der</strong> jedenfalls zu befürchtende Krankheit. »Nochher hond die Leute wo<br />
Schwierigkeite hond, hond nochher au Interesse dra, o<strong>der</strong> so, warum soll<br />
mer des de an<strong>der</strong>e net sage, wenn's hilft« (Herr B.). Es setzt überdies vor-<br />
aus, daß wenigstens <strong>der</strong> Empfehlende über die RM Bescheid weiß. Das<br />
muß nicht immer so deutlich ausfallen wie im Falle von Herrn B., dessen<br />
Schwager Radiästhet ist, o<strong>der</strong> wie bei Frau S., die privatistisch Radiästhesie<br />
betreibt - <strong>und</strong> empfiehlt: »Ich weiß nur, wo ebe Krebs auftaucht, na sag ich,<br />
hol <strong>der</strong> Herr V. (einen Radiästheten) o<strong>der</strong> hol den <strong>und</strong> jenen.« <strong>Die</strong> Befrag-<br />
ten erwarben das Wissen offensichtlich über persönliche Beziehungen.<br />
Doch weisen diese Beziehungen zwischen den Klienten auch keine milieu-<br />
haften Strukturen auf. Während z.B. Frau D. Entstrahlungen schon aus<br />
ihrem Elternhaus kannte, wurde Frau R. in ihrem Sportverein darauf<br />
aufmerksam gemacht, »die haben gesagt, du hör mal, es kann doch sein,<br />
daß du auf ner Wassera<strong>der</strong> liegst.« Bei an<strong>der</strong>en waren es Verwandte, Nach-<br />
barn, Arbeitskollegen. Kurz: <strong>Die</strong> Klienten setzen sich nicht aus deutlich de-<br />
finierten sozialen Schichten, Gruppen o<strong>der</strong> Netzwerken zusammen, die<br />
die Entscheidung zu RM sozusagen »strukturell« determinieren. Wenn<br />
man sich fragt, wie die Klienten zu Rh4 geraten, so läßt sich allein sagen:<br />
RM werden von denjenigen angewandt, denen sie - auf den verschiedenen<br />
Kanälen vor allem <strong>der</strong> mündlichen Kommunikation - »empfohlen« wur-<br />
den.<br />
Damit scheint, auf den ersten Blick, die Beantwortung <strong>der</strong> Frage nach<br />
dem Entscheidungsverhalten im Laiensektor unmöglich geworden zu sein.<br />
<strong>Die</strong>ser Schein aber trügt. Denn nur die Wege <strong>der</strong> Mitteilung <strong>und</strong> die Netze,<br />
die sie ausbilden, sind zahlreich, nicht aber das, was auf diesen Wegen <strong>und</strong><br />
in diesen Netzen transportiert wird. Könnte es sein, daß uns die »Empfeh-<br />
lung«, die Form <strong>der</strong> Mitteilung selbst, einen Aufschluß darüber gibt, wann,<br />
wie <strong>und</strong> wer zu RM greift?<br />
Daß es sich nicht um eine bloße »Empfehlung« handelt, macht schon<br />
Frau R. deutlich. Vergeblich hatte sie versucht, ihre Nachbarn von <strong>der</strong> Not-<br />
wendigkeit zu überzeugen, einen Radiästheten heranzuziehen:<br />
»Hon i denkt, warum soll ich eigentlich meine Zeit da hingeben <strong>und</strong> so weiter<br />
<strong>und</strong> kann mit Engelszungen rede <strong>und</strong> sag verstellt euer Bett, <strong>und</strong> na tun sie's riet.«<br />
Was Frau R. »mit Engelszungen reden« nennt, erscheint in den Worten<br />
von Frau D. eher als Gerücht: »I mein, des goht von M<strong>und</strong> zu M<strong>und</strong>, die Sa-<br />
che, I weiß au net wie's war, aufjeden Fall hab i's halt au ghört.)) »Das Ge-<br />
rücht«, bemerkt auch Schäfer, sei »die Hauptwaffe des magischen Heilers«<br />
(Schäfer 1959,234). Was aber ist mit dem »Gerücht« erklärt? Zunächst nur,