Die Welt der Wünschelrutengänger und Pendler - SSOAR
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glauben for<strong>der</strong>e. Noch 1976 erachtet Wimmer es als eine »Kulturschande«,<br />
daß auch »Gelehrte, Leute, denen die Wohltat eines Universitätsstudiums<br />
zuteil ward, solch dümmstem Aberglauben huldigen, ja ihn mit großem intellektuellem<br />
Aufivand wissenschaftlich^ rechtfertigen.« (Wimmer nach<br />
Baumhauer 1984,124) (<strong>Die</strong> »Interessenverflechtung zwischen Sachverständigen<br />
<strong>und</strong> Okkulttätern« ist ein weiterer Ausdruck jenes Übergangsbereiches,<br />
von dem im vorigen Kapitel die Rede war.)<br />
<strong>Die</strong> juristische Behandlung <strong>der</strong> Radiästhesie klassifiziert die »Delikte«<br />
recht unterschiedlich. Einmal sind es »fahrlässige Körperverletzung«,<br />
>)fahrlässige Tötung«, »Verletzung <strong>der</strong> Sorgfaltspflicht«, »Betrug«, »irreführende<br />
Werbung« (im Sinne des Heilmittelwerbegesetzes«) u.ä.1° Auffällig<br />
an allen Verhandlungen sind die Schwierigkeiten <strong>der</strong> Beweisführung. Zur<br />
Bewertung <strong>der</strong> meisten Delikte nämlich bedarf es <strong>der</strong> Bezugnahme auf »gesicherte<br />
Erkenntnisse«, auf »Nachweise <strong>der</strong> Wirksamkeit« 0.ä. <strong>Die</strong> Rechtsprechung<br />
muß sich dazu im Regelfall auf nicht-juristische, wissenschaftliche<br />
Argumente berufen.<br />
Abgesehen vom juristisch-medizinischen »Kurpfuscher«-Vorwurf <strong>und</strong><br />
dem weltanschaulichen »Okkultismus«-Vorwurf tritt durchgängig ein weiteres<br />
nicht-juristisches Argument auf. Man könnte es als eine »Psychopathologisierung<br />
<strong>der</strong> Okkultisten« <strong>und</strong> damit auch <strong>der</strong> Radiästheten bezeichnen.<br />
Hatte Schäfer den Erdentstrahlern »mangelnde Intelligenz«, »Untenvorfenheit<br />
unter Affekte« <strong>und</strong> »Neurose« attestiert, so stellten Prokop <strong>und</strong><br />
Wimmer noch 1985 unter <strong>der</strong> Überschrift »Radiästhesie <strong>und</strong> Geistesstörung((<br />
den Glauben an die Radiästhesie in die Nähe »psychiatrisch relevanter<br />
Symptome«: »Vor allem aber fuhren uns die unsinnigen radiästhetischen<br />
Behauptungen in jenes psychopathologische Grenzland, in dem zwischen<br />
dem autistischen Denken, <strong>der</strong> schizoiden Ideenflüchtigkeit, dem Verbohren<br />
in übenvertige Ideen bis hin zum fixierten abnormen Bedeutungsbewußtsein<br />
(Wahn) alle Übergänge bestehen.« (Prokop/Wimmer 1985, 169)<br />
Ob es sich dabei, wie Baumhauer bemerkt, um »offen ethnozentrische<br />
bis faschistoide Ansichten« handelt (Baumhauer 1984,124), kann hier nicht<br />
entschieden werden; offenk<strong>und</strong>ig aber ist, daß die juristische Debatte sich<br />
gr<strong>und</strong>legend nicht-rechtlicher Argumente bedient. Wie<strong>der</strong>um wird die<br />
Wissenschaftlichkeit als weiteres Argument ins Spiel gebracht. (Unter den<br />
»Okkultgegnem«, die zu rechtlichen Maßnahmen greifen, treten übrigens<br />
einige als skeptische Wissenschailler in Erscheinung.) Auch <strong>der</strong> »Kurpfuscher«-Vorwurfbaut<br />
darauf auf, daß sich die Behauptungen <strong>der</strong> Radiästheten<br />
wissenschaftlich nicht beweisen lassen.<br />
<strong>Die</strong> Bedeutung nicht-juristischer Argumente im zwar nicht sehr breiten,<br />
aber aggressiv geführten »Streit um die Wünschelrute« dürfte <strong>der</strong> wichtig-