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Die Welt der Wünschelrutengänger und Pendler - SSOAR

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fahrungen von Transzendenz zu vergleichsweise stimmigen Systemen<br />

rationalisiert werden können. Auch für die Erklärung, daß die Magie eine<br />

Folge <strong>der</strong> Krisenhaftigkeit <strong>der</strong> Modeme sei, gibt es genügend Stimmen.<br />

Und tatsächlich ist <strong>der</strong> Eindruck nicht von <strong>der</strong> Hand zu weisen, daß etwa die<br />

Radiästhesie eine Form des Umgangs mit <strong>der</strong> zunehmenden Angst vor den<br />

Gefahren »unsichtbarer Strahlen« <strong>der</strong> bekannten Art ist. So plausibel dieser<br />

Zusammenhang auf den ersten Blick anmutet <strong>und</strong> so sehr er den gängigen<br />

Erwartungen entspräche: man würde sich über die lange Tradition <strong>der</strong> mo-<br />

<strong>der</strong>nen Radiästhesie wie <strong>der</strong> Magie insgesamt hinwegsetzen, deutete man<br />

ihr Auftreten als eine Folge <strong>der</strong> (postmo<strong>der</strong>nen) »Risikogesellschaft«. <strong>Die</strong><br />

mo<strong>der</strong>ne Magie <strong>und</strong> die Radiästhesie <strong>und</strong> selbst <strong>der</strong>en medizinische Ver-<br />

sion haben mit <strong>der</strong> Bewältigung alltäglicher Probleme zu tun, die älter sind<br />

als Contergan, Three Miles Island o<strong>der</strong> Tschernobyl.<br />

<strong>Die</strong> Magie ist, wie es scheint, auf eine eigenartige Weise mit <strong>der</strong> Modeme<br />

verknüpft. Wo sich etwa die Radiästhesie medizinisch betätigt, ist sie nur in<br />

eingeschränktem Sinne »Medizin«, sie bleibt vor allem Radiästhesie; auch<br />

wo sie sich wissenschaftlich gebärdet, wird sie nie selbst zur Wissenschaft,<br />

<strong>und</strong> wo sie religiöse Funktionen annimmt, dort bleiben ihr alltägliche<br />

Zwecke übergeordnet. Aufgr<strong>und</strong> ihrer Mehrfunktionalität entzieht sich die<br />

Magie einer funktionellen Spezialisierung (so sehr diese auch von etwa phy-<br />

sikalistischen Radiästheten gewünscht wird). Sie läßt sich we<strong>der</strong> einem<br />

»Wahrheitskriterium« unterordnen noch einem Nützlichkeitsprinzip, sie<br />

bleibt als Technik zu weltanschaulich, als <strong>Welt</strong>anschauung zu technisch<br />

<strong>und</strong> als Medizin zu »ganzheitlich«. Man kann also sagen: die Magie ist<br />

mehrfunktional, <strong>und</strong> deswegen wi<strong>der</strong>setzt sie sich einer funktionalen Diffe-<br />

renzierung. Wenn sie bislang als »defizitär« angesehen wurde, so hat man<br />

sie unrechtmäßig an den speziellen Funktionen ausdifferenzierter Institu-<br />

tionen gemessen.' Unter den Bedingungen einer ausdifferenzierten Gesell-<br />

schaft kann ihre mangelhafte Spezialisierung im Vergleich zu Technologie,<br />

Medizin, Wissenschaft o<strong>der</strong> Religion geradezu als Vorzug erscheinen. Ihre<br />

mangelnde Spezifizität macht die magischen Experten zu Experten fürs<br />

Allgemeine, für dasjenige, was dem Laien (<strong>und</strong> in den meisten Lebensbe-<br />

reichen auch dem Spezialisten) nicht durch das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Spezial-<br />

wissen allein verstehbar ist. <strong>Die</strong> Anziehungskraft dieses magischen Wissens<br />

liegt in <strong>der</strong> Komplexität <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Gesellschaft begründet: Wer ver-<br />

steht noch seine Krankheiten, <strong>und</strong> wer versteht gar die Ärzte - außer den<br />

Ärzten? <strong>Die</strong> Spezialisierung <strong>der</strong> Wissensgebiete verunmöglicht ein Ver-<br />

ständnis vieler Dinge <strong>und</strong> erklärt die ,Omnipräsenz <strong>der</strong> Magie im Alltag<<br />

@egh 1987). <strong>Die</strong> Magie treibt eine Medizin, die ohne medizinisches Spezial-<br />

wissen verständlich gemacht werden kann, eine Wissenschaft, die »intuitiv«

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