Die Welt der Wünschelrutengänger und Pendler - SSOAR
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hergestellt <strong>und</strong> aufrechterhalten wird. Der kommunikativ vermittelte »Aber-<br />
glaube« hat (in Gestalt <strong>der</strong> Heilgeschichte) zwar eine breite Basis; die Tatsa-<br />
che, daß <strong>der</strong> Konsens sich we<strong>der</strong> in <strong>der</strong> öffentlichen Meinung noch in an<strong>der</strong>en<br />
Institutionsbereichen äußert, verdient indessen eine geson<strong>der</strong>te Erklärung.<br />
Denn <strong>der</strong> narrative Konsensus ist Ausdruck einer eigentümlichen<br />
»Popularität« <strong>der</strong> magischen Praxis. <strong>Die</strong> magische Behandlung wie die Ein-<br />
schätzung ihrer Wirkung liegen jenseits einer spezialisierten, medizinisch-<br />
fachwissenschaftlichen Kompetenz. Sie stützten sich auf das, was kommu-<br />
nikativ verständlich gemacht wird, was subjektiv erfahrbar, objektiviert<br />
wahrnehmbar <strong>und</strong> nachvollziehbar ist. Nicht allein die Leichtigkeit, mit <strong>der</strong><br />
diese Praxis vermittelt wird, for<strong>der</strong>t ihre Popularität. Es ist beson<strong>der</strong>s die<br />
unkomplizierte, in Erzählform gefaßte Diagnose <strong>und</strong> Katamnese, die den<br />
Volksm<strong>und</strong> gleichsam so beredt macht. Wann, wie <strong>und</strong> was geheilt werden<br />
kann, ja sogar wie <strong>der</strong> Erfolg einzuschätzen ist, bleibt <strong>der</strong> Erzählkompetenz<br />
überlassen, über die je<strong>der</strong> einzelne mehr o<strong>der</strong> weniger verfügt.<br />
Von einer populären Medizin kann auch aus strukturellen Gründen ge-<br />
sprochen werden. <strong>Die</strong> Radiästheten sind zwar in erkennbaren Ansätzen<br />
professionalisiert <strong>und</strong> entwickeln ein eigenes Berufsbild, in dem es zu Über-<br />
schneidungen mit an<strong>der</strong>en volks-, populärmedizinischen <strong>und</strong> naltemati-<br />
ven« Praktiken kommt. Trotz dieser ansatzweisen Professionalisierung<br />
wird <strong>der</strong> Abstand nicht so groß, daß sich ein unüberwindliches Wissensge-<br />
fälle zwischen Laien <strong>und</strong> radiästhetischen Experten einstellen könnte. Hin-<br />
ter aller beson<strong>der</strong>en magischen Begabung steht die Entsprechung von ra-<br />
diästhetischer »Fühligkeit« des Experten <strong>und</strong> subjektiven Beschwerden<br />
bzw. diagnostizierten Krankheiten des Patienten. <strong>Die</strong>se (aus <strong>der</strong> »Generali-<br />
sierung« erwachsene) geteilte <strong>und</strong> gemeinsame Erfahrungsgmndlage er-<br />
klärt den hohen Anteil praktizieren<strong>der</strong> Radiästheten unter den Laien, weil<br />
die kleine Initiation keine großen Wissensanfor<strong>der</strong>ungen stellt. <strong>Die</strong> »Popu-<br />
larität« äußert sich überdies in fließenden Übergängen zwischen Laien <strong>und</strong><br />
Experten. Schließlich sollten wir nicht übersehen, daß diese rege Beteili-<br />
gung <strong>der</strong> Laien an <strong>der</strong> magischen Praxis die Züge dessen trägt, was anfangs<br />
als »kultisches Milieu« bezeichnet wurde. <strong>Die</strong> magische Praxis bleibt nicht<br />
auf wenige, in esoterische, geheimbündlerische Gruppierungen ausge-<br />
grenzte »magisch Qualifizierte« beschränkt; sie findet auch unter Laien In-<br />
teresse <strong>und</strong> Anwendung (wenn auch nicht in dem Maße wie etwa die Astro-<br />
logie). Damit deutet sich an <strong>der</strong> Radiästhesie (als eines Teils <strong>der</strong> populären<br />
Medizin) <strong>der</strong> sozialstrukturelle Ort <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Magie an. <strong>Die</strong> radiästhe-<br />
tische Medizin findet sich außerhalb des Bereichs <strong>der</strong> »Schulmedizin«. Sie<br />
ist damit unabhängig von <strong>der</strong> »Schutzgefolgschaft(( des Sozialstaates, son-<br />
dem tritt als privatwirtschaftliche <strong>Die</strong>nstleistung auf Daraus erklärt sich