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StudienVerlag - Oapen

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Frau Sopherl: Mein Bua! Zu die Flieger will er, und mich schickt er daher – a<br />

Bestätigung über seine rassenreine deutsch-arische Weissgottwas muss ich ihm<br />

bringen, dem Trottel. An Stammbaum! Nur damit er mir dann so a Rotekreuz-<br />

Postkarten –<br />

Schweyk: Jetzt muss ich Ihnen aber ermahnen, liebe Frau Sopherl, redens nicht so<br />

laut. Mit alle die Braunhemden da auf dem Korridor.<br />

Frau Sopherl: Ah, das sind keine Nazi, das sind österreichische Beefsteak. Sie wissen<br />

ja. Aussen braun – innen rot. Die tragen das Braune nur als eine Trauerfarb. No<br />

ja! Jahraus jahrein hat man g’lebt da in unserem Oesterreich und hat g’laubt man<br />

ist g’sund, Puls gut, alles normal, ka Fieber net, und jetzt plötzlich hört man,<br />

man hat die ganze Zeit schon die Germanische Rass g’habt und hats net g’wusst.<br />

Schweyk: Tröstens Ihnen, Frau Sopherl. Wenn Ihnen so ein Nazi etwas erzählt von<br />

Rass und so Schwindel – denkens an die Hund. Haben Sie schon einmal ein<br />

rassenreinen Windhund gesehn?<br />

Frau Sopherl: Ein edles Tier.<br />

Schweyk: Ein saublödes Tier. Dagegen was man ein Scherenschleifer nennt, eine<br />

Promenademischung! Schlau wie ein Dackel; stark wie ein Schäferhund; wachsam<br />

wie – ah, redens mir nichts von Rass! Dieses Wien, mit seiner Feurigkeit<br />

von die Ungarn; mit seiner Musikalität von die Italiener und Krowoten; und<br />

den Dickschädel gegenüber so plötzlichen Massenerkrankungen wie die braune<br />

da, den habts ihr von uns Böhm’! Und dann sind da natürlich doch auch gute<br />

Deutsche hineingemischt, ich sag: gute Deutsche. Und vielleicht auch ein – zwei<br />

gescheite Juden, Frau Sopherl – garnicht so schlecht! Ah, und Türken von die<br />

Türkenkriege, und –<br />

Frau Sopherl: Hörns mir auf! Da wird einem ja ganz schwindlig.<br />

Schweyk: Stolz wird einem, wenn man nicht grad ein finsterer Spinatfresser aus<br />

Braunau is, der den ganzen Zauber von dieser Wienerstadt nicht verstehen<br />

kann! Kennens das Büchel von ihm, Mein Kampf? Lesens einmal, was er dort<br />

über die Wiener geschrieben hat. An alle Mauern hier müsst mans plakatieren.<br />

Frau Sopherl: Recht habens, Herr von Schweyk. Kommens – gehn ma. Und wissens,<br />

was ich jetzt tu? An Kanzlisten von dem Nazi-Rassenarat da geb i fufzig Mark<br />

Trinkgeld, dass er mein Buben a jüdisch-tschechisch-türkische Grossmutter in<br />

sein Stammbaum hineinmanipuliert die sich g’waschen hat! Dann kann er –<br />

(Noise of door opening)<br />

Schweyk: Psst! Ein Beamter!<br />

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