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StudienVerlag - Oapen

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Schotts „Bannfluch und Pest“. Und, ebenfalls ansprechender als das erstgenannte, als<br />

wackeres Büchlein für heimatstolze junge Schweizer präsentiert sich „Der Schmied<br />

von Göschenen“ von Robert Schedler – kurioserweise eine Art Mythos und Hohes<br />

Lied vom Fremdenverkehr. Schließlich sei hier des Jugendbuchs „Renhard der Spielmann“<br />

von Marie M. Schenk als einer sauber und schlicht lebendig geschriebenen<br />

Arbeit Erwähnung getan.<br />

Grete Massé: „Sonate pathétique“. Ein Beethoven-Roman. Leipzig 1927.<br />

Hermann Richter: „Das wilde Herz“. Roman der Wilhelmine Schröder-Devrient.<br />

Leipzig 1927.<br />

Toni Rothmund: „Caroline Schlegel“. Roman. Leipzig 1926.<br />

Hans Knobloch: „Die Liebeschronik Seiner Durchlaucht“. Roman aus dem 18. Jahrhundert.<br />

Stuttgart und Berlin 1926.<br />

Hans Knobloch: „Der tausendjährige Tag“. Das Romangemälde eines Jahrtausends.<br />

Alfred Otto Stolze: „Angela“. Berlin 1926.<br />

Eine andere Spielart des Abwegs: Bücher des Personenkults. Gleich jenen früheren<br />

leben sie künstlerisch gesehen nicht durch sich selbst, nicht durch ihre Handlung,<br />

sondern durch ein akzidentelles Moment, das geeignet ist, diese Handlung,<br />

oder richtiger das Fehlen dieser Handlung, zu surrogieren. Hieß dieses Surrogat<br />

bei den früher besprochenen Büchern Milieu, Attrappe, mit einem Wort: Hintergrund<br />

– hier ist es jenes billige Interesse, das nun einmal Persönlichkeiten von<br />

einem ganz bestimmten Habitus seitens breiter Schichten entgegengebracht wird.<br />

Mag von Napoleon oder Paganini, von Kronprinz Rudolf oder von Goethe die<br />

Rede sein – was den Romanschreiber, was den Leser anreizt, ist immer wieder nur<br />

die „Ausdeutung und Vermenschlichung“, sollte heißen: die Verbürgerlichung und<br />

Verniedlichung des „Überdimensionalen“.<br />

So hat auch die Beethoven-Zentenar-Feier – wie denn auch nicht? – eine Serie<br />

jener Bücher gebracht, wie sie sich ein Verstorbener widerspruchslos gefallen lassen<br />

muß. Wie alle anderen, so sind auch diese Paraphrasen zum Leben eines Genies<br />

bei Lichte besehen von einer beispiellosen Sterilität. Da sammelt man Anekdoten<br />

und Anekdötchen, läßt sie aufkochen zu einem herb-sentimentalen Gebräu<br />

ohne Witz, ohne Wert, ohne Würde und ohne Handlung. Leider schützt gegen<br />

solch kitschig-verlogene Bourgeoisierung des Genialen kein Gesetz als das des<br />

guten Geschmacks. Einem Buch wie Grete Massés „Sonate pathétique“ muß man<br />

wenigstens zubilligen, daß in ihm ein Stück Liebe steckt. Aber auch dieser Versuch,<br />

Lebensfetzen und Produktionsfetzen gemeinsam aufzustutzen, rückt uns<br />

die Persönlichkeit Beethovens kaum näher. Er habe Makkaroni mit Käse und<br />

Fische bevorzugt – viel mehr erfahren wir nicht. Auch Hermann Richters „Das<br />

wilde Herz“, Roman der Wilhelmine Schröder-Devrient, also in gewissem Sine<br />

die Brücke schlagend von Beethoven zu Wagner, ist trotz mancher Meriten nur<br />

Anekdoten-Kompilation. Wo gestaltet werden sollte, versagt es durchaus. Diese<br />

biographischen Paraphraseure sind alle in dem Irrtum befangen, daß die mehr<br />

oder minder getreue Verfolgung einer Lebenslinie schon einen Roman gebe. Vor<br />

diesen Büchern hat Toni Rothmunds „Caroline Schlegel“ manches voraus. Das ist<br />

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