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StudienVerlag - Oapen

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An den Erich Reiss-Verlag<br />

Wien, März 1919<br />

Hs., ÖNB Autogr.1433-1<br />

Ich gestatte mir, Ihnen (beiliegend) mein „Trauerspiel in fünf Akten“ einzusenden<br />

und kann nicht umhin, diese Sendung mit einigen kommentierenden Worten zu<br />

begleiten. Ich habe versucht, alte – vergessene oder mißachtete – Dramengesetze<br />

der neuen Kunst wiederzugewinnen. Mit anderen Worten: Während heute fast<br />

ausnahmslos dramatische Novellen über die Bühnen schreiten, habe ich es versucht,<br />

eine Tragödie im alten Sinne zu schreiben. Aus mehr als einem fachmännischen<br />

Urteile glaube ich schließen zu dürfen, daß mein Unterfangen nicht mißlungen ist.<br />

Doch ich will die Schattenseite meiner Arbeit nicht verhehlen – umso weniger,<br />

als sie Ihnen nicht verborgen bleiben kann: Mein Drama spielt in heroischem<br />

Milieu; und das ist wenig aktuell. Meine Bitte geht nun dahin, daß Sie sich durch<br />

dieses Milieu nicht abschrecken lassen; seine Wahl entspringt nicht der Unfähigkeit,<br />

modernen Konversationsdialog zu schreiben, sondern der künstlerischen Überzeugung,<br />

daß in der Sphäre moderner Halbheiten und willensunfreier Kompromisse<br />

eine Tragödie gar nicht möglich ist. Doch alt ist nur das Gewand dieses Stückes;<br />

seine Probleme sind die von heute und morgen.<br />

Ich bitte Sie, zu lesen und zu wägen. Für mich, den Zweiundzwanzigjährigen,<br />

der inmitten einer unverständigen und mißverstehenden „Jungen Generation“ seine<br />

eigenen Wege zu gehen glaubt, ist Ihre Entscheidung von ausschlaggebender moralischer<br />

und sozialer Wichtigkeit. […]<br />

Erich Reiss (Berlin) war seinerzeit einer der bedeutendsten Verleger deutscher Literatur<br />

(Egon Erwin Kisch, Klabund, Julius Bab, Hugo Ball, Gottfried Benn, Maximilian Harden,<br />

Kasimir Edschmid, Richard Huelsenbeck u. a.).<br />

Ein konkreter Hinweis auf den Titel des „Trauerspiels in fünf Akten“ fehlt.<br />

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