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StudienVerlag - Oapen

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German Brains Trust: Die Zukunft planen<br />

1) Was soll mit Deutschland nach dem Kriege geschehen? [1941]<br />

DV: Ms. Konzept für BBC, o. J. [um September 1941], ÖNB 21.551<br />

Funkdialog mit einem britischen Major (Patterson), einem tschechischen sozialdemokratischen<br />

Gewerkschafter von der Schuhfabrik Bata (Stepanek) und dem sozialdemokratischen<br />

Betriebsratsobmann von Siemens Berlin (Hugo) über Deutschland und<br />

Europa nach dem Kriegsende – auf Basis der (am 14.8.1941 verkündeten) Atlantic<br />

Charta:<br />

[…]<br />

HUGO: […] Und das sage ich Ihnen: wenn Hitler mal an einem Galgen hängt – ich<br />

sage: wenn er hängt, denn vielleicht geht er zuerst nicht richtig im Kopf und schiesst<br />

sich ne Kugel vor die Stirn – aber wenn er hängt, dann wird [er] an einem deutschen<br />

Galgen hängen, mit deutscher Bedienung. – So wat. N alter Gewerkschafter, und<br />

vergisst sein Marx auf seine alten Tage,<br />

PATTERSON: Bravo! Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass ich bravo sage<br />

obwohl ich nur ein Major bin? Nein, lassen Sie mich ernst sein. Wir haben ein<br />

englisches Sprichwort: die Probe von dem Pudding ist beim Essen. Ich denke, es<br />

muss offen bleiben, wer recht hat, Haben Sie recht, Herr Hugo, so wird Deutschland<br />

ja seine Chance wahrnehmen und losschlagen und seine Banditen selbst umbringen.<br />

Da wird es sich ja herausstellen. Nur vielleicht darf ich daran erinnern, dass es ein<br />

wenig spät am Tage ist? Ich habe allen Respekt für das was Sie sagen, Herr Hugo,<br />

über die Schwierigkeit von moderner Revolution. Aber es gibt Grenzen. Man kann<br />

nicht immer weiter unter dem Hakenkreuz marschieren und fahren und fliegen,<br />

und dazu sagen: nein, eigentlich bin ichs nicht gewesen, ich meine es garnicht so,<br />

ihr werdet sehen, lasst mir nur Zeit. Die Zeit ist jetzt. In dieser Zeit muss man eben<br />

seine Haut riskieren. Zum Teufel, unsere boys riskieren auch ihre Haut – jetzt, heute,<br />

während wir hier sprechen, nicht übermorgen oder nächstes Jahr. Darum – tut<br />

mir leid – bin ich eigentlich dort, wo ich am Anfang gewesen bin. Es hat keinen<br />

Sinn Details zu besprechen, was nach dem Krieg mit Deutschland geschehen soll,<br />

weil das hängt von Deutschland selbst ab. Nur von Deutschland, ganz allein von<br />

Deutschland. von dem Anderen Deutschland!<br />

HUGO: Herr Major, Sie nehmen wir nach dem Krieg in die Sozialistische Partei<br />

auf. Was, Genosse?<br />

STEPANEK: Na sicherlich. Es ist ohnedies eine grosse Wäsche fällig nach dem<br />

Krieg. Der ganze Sozialismus gehört gewaschen und gebügelt. Aber ich bleib dabei –<br />

MASTER: Es tut mir leid, dass ich unterbrechen muss, hier für unsere Hörer so interessant<br />

war wie für mich, dann können wir mit unserm Versuch einer politischen<br />

Diskussion am Radio ganz zufrieden sein. Leider – die Zeit drängt. Nur eine Frage<br />

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