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StudienVerlag - Oapen

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ein Epiker von nicht unbeträchtlichem Können. So sehr, daß man sich wünschte,<br />

ihn einmal unerhörterweise zu einem Ausflug in einen Wald zu verleiten, in die<br />

frische Luft, in die Welt, in die Gegenwart.<br />

Hans Reimann: Männer, die im Keller husten.<br />

Parodien auf Edgar Wallace. Berlin 1929<br />

ED/DV: Die Literatur, 32 (1929/30), S. 112<br />

Warum hat Reimann Wallace parodiert? „Weil mir mein Verleger geflüstert hat, daß<br />

eine Parodie auf Wallace, meiner geschätzten Feder entstammend, zweifellos ein<br />

Geschäft sein werde.“ Es gibt eine Treuherzigkeit, die nicht entwaffnend und die<br />

den Beurteiler nicht der Pflicht überhebt, eine Katze eine Katze zu nennen. Witzig<br />

ist in Reimanns neuestem Buch die Montage des Titelblattes, immerhin auch die<br />

Überschriften der einzelnen Abschnitte, allenfalls noch (um ihm bestimmt nicht<br />

unrecht zu tun) ein paar parodistische Scherze – Material, das zur Not ausreichen<br />

mag, einer Parodie in der Länge zweier Druckseiten als Substanz zu dienen. Daraus<br />

ein Buch in der Länge von zweihundertfünfzehn zu machen, ist ein Unfug. Ich bin<br />

humorlos genug, diesen frisch-fröhlichen Fischzug in die Taschen unorientierter<br />

Bücherkäufer nicht an sich schon als guten Witz zu empfinden. Was aber sonst<br />

geboten wird, ist derb, geschmacklos, ohne Salz, ja ohne Frechheit. Kann mir Reimann<br />

einen einzigen Menschen nennen, der bei der Lektüre seines Buches gelacht<br />

hat, so will ich nach Canossa pilgern. Bis dahin aber – das eine Parodie? Gespinst<br />

und Fuchsbau konzentrierten Durchschauens? Erkenntnis aus der Form? Entlarvung<br />

der Gesinnung? Nichts von all dem. „Ob Parodien erziehen?“ fragt Reimann<br />

irgendwo. Die nicht. Nicht, wenn der Parodist in seinem Opfer den Kompagnon<br />

sieht. Nicht, wenn er einen Bierulk bietet statt einer Analyse. Es genügt nicht, daß<br />

einer radikal sei – er muß auch wissen, wogegen und wofür. – Aber ob Rezensionen<br />

erziehen? Die nicht. Reimann wird weiter parodieren. Und ich flüstere ihm, daß<br />

eine Parodie auf Remarque, seiner geschätzten Feder entstammend, zweifellos ein<br />

Geschäft sein wird.<br />

Georg Reik: Die Zarten. Stuttgart [o. J.]<br />

ED/DV: Die literarische Welt, 6, Nr. 31 (1930), S. 5<br />

Ein zarter Titel für vier zarte Arbeiten. Ihre verästelte und psychologisch sehr<br />

nuancierte Handlung, auf eine Formel des Berichtes gebracht: Ein junger Mann<br />

aus Hannover kommt nach Wien, in diese Stadt, die für ihn der Süden ist, und<br />

erliegt der Atmosphäre dieses „Capuas der Geister“ – der Angestellte eine neapolitanischen<br />

Reisebüros wechselt zu kurzem Erlebnis hinüber in den Bezirk der<br />

von ihm sonst nur mit „schmackhaftem Reisegebräu“ bedienten großen Welt –<br />

ein alter Staatsbeamter, von seiner jungen Frau immer wieder hintergangen und<br />

darum wissend, zehrt tragisch lächerlich verblendet von einer Erinnerung an<br />

erste Liebestage – eine kleine neapolitanische Frau übt Rache an ihrem schönen<br />

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