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StudienVerlag - Oapen

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An Ernst Klett<br />

Locarno, 22.10.1962<br />

Ms. o. U., ÖNB<br />

Lieber Ernst Klett,<br />

ich habe Ihnen vor allem sehr zu danken für diese hochinteressante und wertvolle<br />

Mynona-Broschüre. Sie hat mich sonderbar ergriffen – ich hatte keinerlei<br />

Erinnerung mehr an diese Auseinandersetzung mit diesem ganz ungewöhnlichen<br />

Schriftsteller und Polemiker, der damals etwa so alt war wie ich es heute bin, während<br />

Remarque, Tucholsky und ich, so fürchte ich wenigstens, etwa unserer heutigen<br />

„Gruppe 47“ entsprechen. Wozu noch kommt, daß wir damals Jungen zwar<br />

recht daran taten, Remarque gegen die ihn attackierenden Nazis zu verteidigen –<br />

aber literarisch hatten wir vollkommen unrecht und Mynona hatte recht in seiner<br />

Erkenntnis, daß die Produktion dieses höchst populären Neuankömmlings von<br />

überaus geringem Wert und der Rummel um ihn eine Publicity-Aktion der rührigen<br />

Ullstein-Leute war. Das hat sich inzwischen herausgestellt und Remarque sitzt hier<br />

neben mir und weiß, was ich von ihm halte, und wir reden nicht miteinander. Eine<br />

Sache, die sehr zum Nachdenken stimmt.<br />

Wir hatten Ihren Sohn Michael hier, und ich hatte meine warme Freude an<br />

diesem ausgezeichneten, hellen, sympathischen und wohlerzogenen Jungen. Sie und<br />

Ihre Frau können sehr stolz sein auf diesen Sohn. Er hat uns auch, anläßlich eines<br />

zweiten Zusammentreffens, jene sehr schönen Grundstücke dort drüben gezeigt –<br />

und nun bin ich einigermaßen hin- und hergerissen von meiner Bewunderung für<br />

sie und doch wieder von meinen Bedenken, ob das zu diesen Preisen (die sicherlich<br />

angemessen und sogar billig sind) noch eine von mir zu rechtfertigende Investition<br />

auf lange Sicht sein würde. Würde das dort festgelegte Geld irgendwann später einmal<br />

für das Studium meines Jungen oder sonst zu einem Zweck benötigt, so wäre<br />

der Verkauf dieses Terrains vielleicht eine langwierige und sorgenvolle Sache. […]<br />

Die von Klett entdeckte „Broschüre“ von Salomo Friedländer-Mynona ist: „Hat Erich<br />

Maria Remarque wirklich gelebt?“ (258 Seiten, Berlin 1929; auf Tucholskys Vorwurf<br />

des Neides und der Niederträchtigkeit hatte Mynona mit einer Streitschrift gegen<br />

Tucholsky (1931) geantwortet. – In ELL (419 ff.) kommt RN auf diese Episode zu sprechen:<br />

„Ich hatte all das völlig vergessen. Und Mynona tot, und Tucholsky tot. Und<br />

Remarque ein paar Kilometer von mir hier unten am See, und daß wir einander treffen,<br />

kommt selten vor. Eine runde Welt.“ – Siehe dazu in diesem Band: „Die Meute hinter<br />

Remarque“ (1929/1930).<br />

Mit dem Gedanken an Hauskauf hat RN kurze Zeit gespielt, wie ein Briefwechsel mit<br />

dem Notar Camillo Beretta 1963 (ÖNB) zeigt.<br />

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