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StudienVerlag - Oapen

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Von Gerhard Zwerenz<br />

München, 22.6.1969<br />

Ms. m. U., ÖNB<br />

Mein Lieber,<br />

ob Ihres Beistands verlegen, hm – schon beinahe beschämt, nehme ich mir vor,<br />

wenigstens halb so tüchtig zu werden wie Sie mich machen. Aber das mit dem Versuch,<br />

deutlich zu sein und verstanden zu werden auch von Arbeitern und sonstigen<br />

Nichtsoziologen, ist schon so recht wie schwer, wie wir beide wissen und einer auch<br />

wußte, der aus guten Gründen viel überschätzt ist: Brecht. Einfach zu sein hatte er<br />

gekonnt, das Komplizierte einfach zu sagen, komischerweise bekam es nur seinen<br />

Romanen nicht, die Geschichte vom Herrn Cäsar oder die Romanfassung des Dreigroschenstoffs<br />

sind so einfach wie zäh. Sonst freilich in Lyrik, Drama, Abhandlung<br />

war die Methode glänzend.<br />

Sagen Sie – wie kommt es eigentlich, daß wir beide – ich nenne uns mal derart<br />

eng – sonst kaum oder keine Freunde haben? Wir sind doch bei aller Spottsucht<br />

herzensgute Männer und Freundschaften nicht abgeneigt, nicht abgeneigter eben<br />

als Feindschaften? Muß wohl auch an den Umständen liegen.<br />

Von den vieltausend Seiten, die ich jeweils vorwegnähe [sic] und auf spätere<br />

Bücher anlege, wird wohl auch ein Polit-Roman abspaltbar sein. Und eine Autobiographie<br />

mit Winken zu R.N. Und und. Aber zwischendurch brenne ich darauf,<br />

Ihnen meinen Beistand leisten zu können bei kommenden Gelegenheiten. So<br />

schwarz wie die anderen sind wir schon lange, und auch so rot und und. Im übrigen<br />

bin ich der Meinung, R.N. hat endlich einige wohldotierte Preise zu erhalten. Ich<br />

werde es ungerührt weitersagen.<br />

Herzlich Ihnen allen von uns allen!<br />

Ganz Ihr<br />

Gerhard Zwerenz<br />

[hs:] Lieber R.N.: Ihre Lage ist anders als meine. Sie sollten sich mit dem Osten,<br />

besonders der DDR besserstellen. Ich wünschte, Sie hätten dort starken Rückhalt,<br />

ich denke besonders an die wichtige finanzielle Seite. Aber auch sonst. Dem Westen<br />

sind auf die Dauer nur obristische Streiche zuzutrauen. Da sollten Ihre Bücher ein<br />

Exil haben, zu überdauern.<br />

„Polit-Roman“: RN hat von Zwerenz wiederholt einen „Deutschland-Roman“ eingefordert.<br />

– Siehe dazu in diesem Band: „Robert Neumann – Tagebuch“ (1969).<br />

Zwerenz hat als Jurymitglied 1973 – vergebens – RN für den Goethepreis der Stadt<br />

Frankfurt vorgeschlagen (Protokoll-Kopie, ÖNB).<br />

Auf einige Fragen für ein Radio-Feature von Lutz Besch zum Thema „‚Freundschaft“<br />

hat RN 1972 so geantwortet:<br />

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