09.01.2014 Aufrufe

StudienVerlag - Oapen

StudienVerlag - Oapen

StudienVerlag - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

[Ludwig Marcuse und Robert Neumanns „Festival“] (1962)<br />

Auf Vorschlag des „Zeit“-Redakteurs R. W. Leonhardt sollten Marcuse Neumanns<br />

Roman „Festival“ und Neumann Marcuses Monographie: „Obszön“ parallel rezensieren.<br />

Das Resultat erschien unter dem Obertitel: „Ludwig Marcuse und Robert<br />

Neumann: Statt einer Besprechung: Hildebrandslied 1962, oder: Wäscht eine Hand<br />

wirklich die andere?“ in: Die Zeit. 17. Jg., Nr. 43, 26.10.1962, S.19. Nach einer redaktionellen<br />

Einleitung – „Wieder einmal wird ein Roman von Robert Neumann in der<br />

ZEIT unbesprochen bleiben“ – folgen eine Inhaltsangabe von Neumanns „Festival“<br />

und je zwei Briefe von Ludwig Marcuse und Neumann. Am Anfang steht ein Brief<br />

von Ludwig Marcuse („1.10.1962“) an den „lieben Robert Neumann“ mit der „Nicht-<br />

Rezension“ von „Festival“:<br />

„[…] Nun sind Sie für mich weniger ein Objekt der Kritik als ein Ex-Duellant mit<br />

einer reizenden Frau und einem Jungen, den ich gerne kennenlernen möchte …<br />

und da beginnt die Panne dieser Übereinander-Inscenierung. Als Experte für unanständige<br />

Literatur würde ich mich noch gegen die liberalsten Anstossnehmer vor<br />

Ihnen aufbauen; die illiberalen sind ungefährlich. Sie haben eine Pseudo-Lesberei<br />

so brillant gemacht, dass noch der männlichste Mann von den beiden Mädchen<br />

gelockt werden kann. Und wenn die Welt wüsste, was für ein Können dazu gehört<br />

(und Appetit), um ein guter Pornograph zu sein (ich möchte das Wort zu Ehren<br />

bringen!), also: um auf dem Wege der Sprache Verlangen zu wecken (und nicht<br />

nur bei Schuljungen) wird von mancher Seite Ihres Buchs sehr angetan sein. Leider<br />

sind die beiden hungrigen Damen nicht der Mittelpunkt. Und ich könnte mir nicht<br />

versagen, die beiden Helden (den Kommissar Kostja und seine westliche Parallel-<br />

Aktion) zu messen an den Massstäben, die der Theoretiker R.N. (Kitsch as Kitsch<br />

can) etabliert hat. […]“<br />

In der Folge legt Marcuse dar, dass er die Bitte von Verleger Kurt Desch, „den neuen<br />

Habe zu besprechen“, aus Zeitgründen abgelehnt hat. „Und da ich mit den Habes gut<br />

bin – wie könnte ich, schriebe ich über Ihr Buch, den Anschein vermeiden, als ob das<br />

eine Fortsetzung Ihrer Anti-Habe Reihe wäre?“<br />

Es folgt Neumanns Antwort an Ludwig Marcuse (9.10.1962):<br />

Lieber Duellant,<br />

was für ein reizender und entwaffnender Brief. Ich bin durchaus Ihrer Ansicht, daß<br />

meine beiden Mädchen keine echten Lesbierinnen sind (obgleich ich hier den Brief<br />

eines großen amerikanischen Psychiaters habe, der mir erklärt, die Jüngere sei es,<br />

wenn auch ihrer großen Jugend wegen noch unbewußt, und es sei sie, die die Ältere<br />

verführt). Und Ihre Versicherung, daß die Affaire der beiden Damen einem männlichen<br />

Leser keineswegs das Interesse an ihnen raube, beruhigt mich ungemein. Mehr:<br />

da Ihr Buch eine Apologie – was sage ich da! eine Apotheose – der Pornographie ist,<br />

betrachte ich Ihre Diagnose geradezu als das Große Verdienstkreuz mit Brillanten.<br />

287

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!