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StudienVerlag - Oapen

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loß aus rassischen Gründen Deutschland verließen – jener Unpolitischen, die<br />

geblieben wären, auch unter Hitler, gar nicht selten auch pro Hitler, hätte man es<br />

ihnen nur erlaubt.<br />

Man denke etwa an jene deutschnationalen Juden vom Typ des bekannten Professors<br />

Schoeps, der 1933 eine Gruppe von sieben- oder achttausend jungen Juden<br />

dazu beschwatzte, sich als Hitlerscher Vortrupp zu organisieren und im Lande zu<br />

bleiben, während er selbst, als es brenzlig wurde, sich nach Schweden absetzte –<br />

um, unbekehrt, unbelehrt, 1945 wiederzukehren: er bekam sofort eine Professur<br />

und ist auf preußisch-reaktionäre Weise weiter mit seinem alten „Gedankengut“<br />

unter uns rüstig.<br />

Walters Verdienst also: daß er derlei endlich klar sieht und klar ausspricht. Daß<br />

er daneben das Laster aller Germanisten hat, lieber am toten Material zu arbeiten,<br />

als, Gott behüte, die paar noch Überlebenden zu befragen, bedaure ich. Er hätte<br />

einiges Ergänzende erfahren, einige ihm unklare Sachverhalte erklärt bekommen:<br />

Wenn Stefan Zweig berichtet, der Fischer-Verlag habe für die Copyrights Jakob<br />

Wassermanns 200 000 Mark verlangt, während ich berichte, Jakob Wassermann sei<br />

am 1.1.1934 vom Schlag gerührt worden, während eines Telefongesprächs mit dem<br />

Fischer-Verlag, in dem seine Bitte um zweitausend Mark Vorschuß abgelehnt wurde,<br />

so erklärt sich diese scheinbare Diskrepanz daraus, daß Wassermann, geschröpft<br />

von seiner ersten Frau Julie, von Fischer schon an die zweihunderttausend geborgt<br />

hatte: der Verlag wollte bei einem Verkauf der Rechte sein Geld wiedersehen. Daß<br />

er (vermutlich war Suhrkamp am Telefon, jedenfalls, so versicherte er mir, nicht<br />

Bermann-Fischer) der bescheidenen Vorschußbitte des Bedrängten und Kranken<br />

dennoch hätte entsprechen müssen, steht auf einem andern Blatt. Gleichzeitig hat<br />

der Verlag den sehr „arischen“ Otto Flake bedrängt, der nazistischen Reichsschrifttumskammer<br />

beizutreten, weil das so gut für die Firma sei. (Siehe Flakes Memoiren.)<br />

Ein großes Thema – dieses Verhalten der Verlage gegenüber ihren „linken“ und/<br />

oder jüdischen Autoren. Walter lese darüber bei Schwarzschild nach.<br />

Walters Darstellung der Konferenz von Evian im Frühsommer 1938 ist wieder<br />

wohlinformiert und korrekt – und nur nicht komplett, wenn er nicht dem von<br />

Hans Habe in seinem angeblich dokumentarischen Buch „Die Mission“ verbreiteten<br />

Märchen entgegentritt, demzufolge die Nazis dort versucht hätten, den Westmächten<br />

ihre Juden gegen Dollars zu verkaufen. Das ist aus den Fingern gesogen, die<br />

Wahrheit ist das genaue Gegenteil.<br />

Die Nazis wollten „ihre“ Juden an den Westen loswerden und ihnen dafür sogar<br />

noch Reste ihrer gestohlenen Vermögen „in Waren“ mitgeben. Dieses Offert „stand“<br />

bis nach Kriegsbeginn, die „Endlösung“ wurde definitiv erst im April 1942 beschlossen.<br />

Die Schmach ist, daß der Westen diese Juden nicht haben wollte – unter dem<br />

Druck von Interessengruppen wie der Ärzte, die sich vor Konkurrenz zu billigen<br />

Preisen fürchteten, oder „der Wirtschaft“: sie befürchtete das „Dumping“ der den<br />

Juden mitgegebenen Waren zu Schleuderpreisen auf dem internationalen Markt.<br />

Judenverkaufsofferte machten die Nazis erst 1944 in Ungarn – „100 000 Juden gegen<br />

Lastkraftwagen“ – und in Bukarest, wo einzelne reiche Juden von der SS gegen<br />

Übertragung ihrer Schweizer Konten auf das Konto des SS-Bankiers von der Heydt<br />

in Ascona freigelassen wurden.<br />

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